Bouteflika darf Algerien weiterregieren

Algier. Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika (Foto: afp) ist in einer von Betrugsvorwürfen überschatteten Wahl mit 90 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung habe bei 75 Prozent gelegen und damit einen Rekord erreicht, teilte Innenminister Mohamed Yazid Zerhouni in Algier mit. Mehrere Parteien warfen der Regierung "massiven Wahlbetrug" vor

Algier. Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika (Foto: afp) ist in einer von Betrugsvorwürfen überschatteten Wahl mit 90 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung habe bei 75 Prozent gelegen und damit einen Rekord erreicht, teilte Innenminister Mohamed Yazid Zerhouni in Algier mit. Mehrere Parteien warfen der Regierung "massiven Wahlbetrug" vor. Soldaten und Polizisten in Zivilkleidung seien kurz vor der Ankunft von Wahlbeobachtern in Bussen zu Wahllokalen gebracht worden, berichtete die Zeitung "El Watan". Bei der Auszählung der Wahlstimmen seien kaum Vertreter der Gegenkandidaten dabei gewesen. "Wer uns etwas vorzuwerfen hat, soll konkrete Beweise vorlegen", betonte der Innenminister. Von aufgeblähten Zahlen bei der Wahlbeteiligung könne keine Rede sein. "Die Zahl mag überraschen, aber es hat eine enorme Mobilisierung gegeben", sagte der Minister. Das Ergebnis muss noch vom Verfassungsrat bestätigt werden. Der 72-Jährige tritt damit nach zehn Jahren seine dritte Amtszeit an, die erst durch eine Verfassungsänderung möglich geworden war. Am Wahltag war es in der vor allem von Berbern bewohnten Kabylei zu Ausschreitungen gekommen. Bei der Explosion eines Sprengsatzes in der Nähe eines Wahllokals wurde ein Polizist verletzt. Zu Bouteflikas wichtigsten Aufgaben zählt die innere Sicherheit. In Algerien kommt es fast täglich zu Anschlägen gegen Polizei und Militär. Die Täter sind zumeist islamistische Terroristen, die sich als Al Qaida im islamischen Maghreb bezeichnen. Bouteflika hatte im Wahlkampf allen Terroristen, die ihre Waffen abgeben, eine Generalamnestie zugesagt. Algerien ist ein gas- und ölreiches Land, doch der Reichtum des Landes kommt der Masse der Bevölkerung bislang kaum zugute. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und die Mehrheit der Jugendlichen träumt von einer besseren Zukunft in Europa. afpMeinung

Bouteflika, das kleinere Übel

Von SZ-MitarbeiterRalph Schulze Die europäischen Regierungen wissen genau, was in Algerien gespielt wird: Manipulierte Wahlen. Menschenrechtsverbrechen. Ein totalitäres System mit immer weniger Freiheiten. Dass Europa trotzdem die Augen verschließt und Algerien als "verlässlichen Partner" umwirbt, hat etwas mit jenem Pragmatismus zu tun, der allerorten den Umgang mit Diktatoren bestimmt. Denn die Alternative, ein islamistischer Gottesstaat, der die größten Erdgasreserven Afrikas verwaltet, ist für die meisten Europäer ein Albtraum. Bouteflika wird als das kleinere und vor allem berechenbarere Übel angesehen.

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