„Boston-Bomber“ droht die Todesstrafe

Boston · Zwei Männer aus dem Kaukasus, die seit langem in den USA leben, lassen beim Marathonlauf von Boston Bomben explodieren. Der Anschlag erschütterte die USA. Jetzt steht einer der Männer vor Gericht. Die große Frage ist: Wie konnte es zu der Gewalt kommen?

Es war der schwerste Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001. Die Sprengsätze detonierten auf der Zielgeraden des Marathonlaufs von Boston . Hunderte Läufer mobilisierten dort ihre letzten Kräfte, Tausende Zuschauer jubelten ihnen zu; es herrschte ausgelassene Stimmung an diesem Frühlingsnachmittag des 15. April 2013. Zwei Schnellkochtöpfe waren mit selbst gebasteltem Sprengstoff und Nägeln gefüllt und in Rucksäcken versteckt worden. Der erste explodierte um 14.49 Uhr, der zweite wenige Minuten später. Zwei junge Männer , die ursprünglich aus Tschetschenien stammen, hatten die Taschen nach Angaben der Staatsanwaltschaft kurz zuvor in der Menge abgelegt. Die Folgen waren entsetzlich: Drei Zuschauer kamen ums Leben, darunter ein achtjähriger Junge. Über 260 Menschen wurden verletzt, viele schwer. Manche verloren Arme oder Beine. Bei einer anschließenden Verfolgungsjagd der mutmaßlichen Attentäter mit der Polizei starb ein Beamter.

Der Anschlag von Boston erschütterte Amerika. Es herrschte Ratlosigkeit. "Warum haben junge Männer , die hier aufgewachsen sind und studiert haben, zu so starker Gewalt gegriffen?", fragte Präsident Barack Obama . Diese Frage steht von heute an auch bei dem Prozess vor dem Schwurgericht in Boston gegen einen der mutmaßlichen Täter im Raum: Dschochar Zarnajew. Er war bei dem Anschlag 19 Jahre alt. Der junge Mann tschetschenischer Abstammung lebte seit seinem achten Lebensjahr in den USA, ging dort auf eine gute High-School. Er besitzt sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft. Nun droht ihm die Todesstrafe . Justizminister Eric Holder hat die Staatsanwaltschaft ausdrücklich ermächtigt, die Todesstrafe zu fordern

In einer Anhörung hatte sich der Angeklagte für nicht schuldig erklärt. Doch "für viele sind die Beweise überwältigend", schreibt die "New York Times". Das Ziel seiner Anwältin Judy Clark - eine prominente Verteidigerin in Terrorismusprozessen - werde es daher vermutlich sein, ihrem Mandanten die Todesstrafe zu ersparen. Um Milde zu erreichen, könnte sich der Angeklagte im Laufe des Verfahrens doch noch schuldig bekennen, so das Blatt.

Die Bomben lösten eine Großfahndung aus, die selbst für US-Verhältnisse atemberaubend war. Zeitweise rief die Polizei rund eine Million Menschen auf, nicht auf die Straße zu gehen. Die ganze Stadt war gelähmt. Das Netz um den 19-jährige Dschochar Zarnajew wurde derweil immer enger. Nach dem Tod des Polizisten und seines älteren Bruders flüchtete er sich in den Vorort Watertown. Das Ende hatte bizarre Züge. Zuletzt versteckte sich der Flüchtende in einem Boot, das im Garten eines Hauses auf dem Trockenen lag. In der Anklageschrift heißt es, Zarnajew habe in seinem Versteck eine Botschaft hinterlassen. "Die US-Regierung tötet unschuldige Zivilisten", habe er auf die Innenwand des Bootes geschrieben. "Ich schaffe es nicht, so viel Böses zu sehen, das ungesühnt bleibt. Wir Muslime sind eins, wenn man einen verletzt, verletzt man uns alle."

Zum Prozessauftakt geht es um die Auswahl der Geschworenen. Allein das dürfte zwei bis drei Wochen dauern. Wie die "New York Times" schreibt, will die Anwältin in dem Verfahren betonen, der heute 21-jährige Angeklagte sei von seinem älteren Bruder Tamerlan Zarnajew manipuliert worden. Dieser sei der eigentliche Drahtziehers des Anschlags gewesen. Vor Gericht erscheinen kann er nicht mehr. Er starb nach dem Attentat bei einer Schießerei mit der Polizei .

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