Bosbachs halber Rücktritt

Bergisch Gladbach · Wolfgang Bosbach tritt nur halb zurück. Der Abgeordnete verzichtet auf ein repräsentatives Amt im Bundestag, bleibt aber im Parlament – und damit ein Stachel im Fleisch der Merkel-CDU.

Als Konsequenz aus dem Streit mit seiner Parteiführung um Griechenland legt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ein wichtiges Amt im Bundestag nieder - bleibt aber Abgeordneter. Bosbach, der die Rettungspolitik von CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel für Athen scharf kritisiert, sagte gestern in Bergisch Gladbach : "Und deshalb werde ich mit Wirkung zum 22. September mein Amt als Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages aufgeben. Ich werde dann nur noch als normaler Wahlkreisabgeordneter tätig sein." Bosbach vertritt den Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen und ist seit 1994 Bundestagsabgeordneter. Von 2000 bis 2009 war er Vize-Vorsitzender der Unionsfraktion.

Der 63-Jährige beschrieb vor Journalisten seinen Zwiespalt, Merkel sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) und der Unionsfraktionsführung gegenüber loyal zu bleiben und sich dabei nicht selbst zu verleugnen. Er sagte: "Ich werfe mich für Angela Merkel in jede Schlacht, aber ich kann und werde auch in Zukunft nicht gegen meine Überzeugungen abstimmen." Zuletzt hatte er am 17. Juli gegen die Aufnahme von Verhandlungen über weitere Milliardenhilfen für Griechenland gestimmt. Dafür war er wie die anderen Abweichler von CDU-Generalsekretär Peter Tauber gemaßregelt worden, wofür wiederum Bosbach Tauber kritisierte. Von Tauber gab es zunächst keine Reaktion zu Bosbachs Mitteilung.

Bosbach sagte, die CDU habe ihren Wählern einst versprochen, dass mit Einführung des Euro eine Währungsunion komme und eine Haftungsunion ausgeschlossen werde. Mit einem dritten Hilfspaket für Griechenland - über das nun in Brüssel verhandelt werden soll - gehe die Eurozone aber "mit Riesenschritten in Richtung Transferunion". Dass Athen die Kredite pünktlich und vollständig zurückzahlt, glaubt Bosbach nicht. Er betonte, er behalte sein Mandat, weil er jene nicht enttäuschen wolle, die ihn wegen seiner kritischen Haltung gewählt hätten. Auch der CDU-Kreisvorstand habe ihn gebeten, die Region weiter in Berlin zu vertreten. Der CDU-Landtagsabgeordnete Rainer Deppe sagte: "Für uns ist Wolfgang Bosbach unverzichtbar."

Zuletzt hatte der Vater von drei erwachsenen Töchtern zunehmend gesundheitliche Probleme. Er ist unheilbar an Krebs erkrankt, hat Gicht und Probleme mit dem Herzen.

Meinung:

Merkel wird's verschmerzen

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Zum dienlichsten Kronzeugen einer womöglich verfehlten Griechenland-Rettungspolitik will sich Wolfgang Bosbach dann doch nicht machen lassen. So ist es nur der Rücktritt als Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages geworden, was die meisten Bürger wie Parteifreunde so beeindrucken dürfte wie der berühmte Sack Reis, der in China umfällt. Die Kanzlerin weiß sowieso, wie der profilierte Abgeordnete zu ihrer Euro-Politik steht. Und sie weiß, dass es für sie immer schwieriger werden wird, in den eigenen Reihen Unterstützer für ihren Kurs der Milliardenhilfen zu finden. Genau das ist es, was Merkel wirklich beunruhigen muss: die zunehmende Zahl der Abweichler.

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