Bischöfe im Visier
Rom · Papst Franziskus will konsequenter gegen Bischöfe vorgehen, die sexuellen Missbrauch durch Priester verheimlichen. Bei der Glaubenskongregation soll eine neue Gerichtssektion für solche Fälle eingerichtet werden.
Einer der Hauptvorwürfe an die Verantwortlichen in der katholischen Kirche lautet, Missbrauchsfälle zu vertuschen, zu verschleppen und zu verschweigen. Auch Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester haben oft den Eindruck, dass ihr Recht auf lückenlose Aufklärung an einer Wand des Schweigens zerschellt. Als Antwort auf diese Herausforderung hat der Vatikan angekündigt, ein eigenes Tribunal einzurichten für Fälle, in denen sich Bischöfe des Amtsmissbrauchs im Hinblick auf die Verschleierung von Fällen sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht haben.
Die bereits im März 2014 von Papst Franziskus eingesetzte Kommission für Kinderschutz unterbreitete nun einen entsprechenden Vorschlag, den Franziskus angenommen hat. Das gab der Vatikan jetzt bekannt. Kern der Bestrebungen ist es, die Gesetzeslücke im Hinblick auf die Verantwortlichkeit von Bischöfen zu schließen. Bislang hatte es kirchenrechtlich keine echte Handhabe gegen Ortsbischöfe gegeben, die sexuellen Missbrauch in ihrer Diözese vertuschen. Derartige Fälle landeten, wenn überhaupt, beim Papst selbst. Fortan soll die vom deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller geleitete Glaubenskongregation ein Mandat für die Verurteilung von Bischöfen bekommen, die sich des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht haben. Dazu wird nach Angaben des Vatikans ein neues apostolisches Tribunal mit festem Personal und einem zuständigen Sekretär im Rang eines Bischofs eingerichtet. Bislang übernahm eine personell verhältnismäßig kleine Disziplinarkommission in der Glaubenskongregation die Überprüfung von Missbrauchsfällen durch Mitglieder des Klerus. Mit den Vorgängen befasste Prälaten rechnen damit, dass das Tribunal erst in einigen Monaten seinen Dienst aufnehmen wird, wenn entsprechende Rechtsnormen formuliert werden und das Personal abgestellt sein wird.
Anzeigen gegen Bischöfe wegen Amtsmissbrauchs müssen bei der zuständigen Vatikan-Behörde eingereicht werden. Für die Bischöfe der Ostkirchen ist die Kongregation für die orientalischen Kirchen zuständig. Anzeigen gegen Bischöfe aus Afrika und Asien müssen bei der Kongregation für die Evangelisierung der Völker ("Propaganda Fide") eingereicht werden. Für die restlichen Bischöfe , etwa in Europa, Nord- und Südamerika, ist die Bischofskongregation zuständig. Von dort sollen die Anzeigen an das Tribunal weitergeleitet werden. Verurteile Bischöfe müssen mit kirchlichen Strafen, bis hin zur Amtsenthebung und der Versetzung in den Laienstand rechnen.