„Betrug am Wähler ist bei der Maut eingepreist“

Die deutsche Maut ist bei der EU in Ungnade gefallen. Heute wird die Kommission bekannt geben, dass sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet. Den Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, wundert das nicht. Der Betrug am Wähler sei seitens des Verkehrsministers bereits eingepreist, so Hofreiter zu SZ-Korrespondent Hagen Strauß.

Herr Hofreiter, ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Maut - was heißt das für die Bundesregierung?

Hofreiter: Die Bundesregierung sollte ihre Gesetzentwürfe zurückziehen. Das wäre das Einfachste.

Das wird sie nicht tun. Minister Dobrindt beharrt darauf, dass er europarechtlich einwandfrei handelt.

Hofreiter: Dobrindt hat den Betrug am Wähler doch schon eingepreist. Er legt zwei Gesetze vor - zur Einführung der Maut und zur Entlastung der deutschen Autofahrer. Natürlich kann man eine Maut erheben - aber nur wenn deutsche Autofahrer nicht einseitig entlastet werden.

Heißt das, es kommt die Maut für alle, wenn Brüssel Recht behält?

Hofreiter: Nimmt die Regierung beide Gesetze zurück, dann nicht. Wenn Dobrindt nur sein Entlastungsgesetz zurücknimmt, kommt die Maut für alle.

Was glauben Sie: Hat es die Bundesregierung darauf angelegt?

Hofreiter: Zumindest von der CSU ist dies von Anfang an so geplant gewesen. Sie hat doch gewusst, dass es ein Grundprinzip der Europäischen Union ist, Bürger anderer europäischer Staaten nicht zu diskriminieren. Die CSU begeht Wählerbetrug, um am Ende sagen zu können, wir hätten euch die Entlastung gegeben, aber die böse EU hat das verhindert. Das ist der Rechtspopulismus, den die CSU mit Blick auf Europa so häufig betreibt.

Käme eine Maut für alle Ihrer Partei nicht gelegen? Solche Überlegungen gibt es doch zum Beispiel bei den Grünen in Baden-Württemberg.

Hofreiter: Auf Bundesebene halten wir von dieser Maut für alle überhaupt nichts. Mit ihr bezahlen alle das Gleiche, egal ob sie nur einmal die Autobahn benutzen oder jeden Tag, ob sie kurz oder weit fahren. Wir haben eine Lkw-Maut, die schadstoff- und entfernungsabhängig ist. Die gehört ausgeweitet auf weitere Teile des Straßennetzes.

Was bedeutet die Einleitung eines Verfahrens für Dobrindt persönlich?

Hofreiter: Mit einem laufenden EU-Verfahren ist Dobrindt angeschlagen. Er hat sich so eng mit der Maut verknüpft, dass er dann überlegen sollte, ob er noch der geeignete Minister ist.

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