Betreuungsgeld – ein Ladenhüter?

Berlin · Nur zögerlich gehen bislang die Anträge für das vom 1. August an geltenden Betreuungsgeld ein. Die politische Debatte darüber hat dagegen wieder an Fahrt gewonnen. Die SPD kündigt einen Aktionstag an.

Der 1. August bringt zwei einschneidende Veränderungen in der Familienpolitik: Neben dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ein- und zweijährige Kinder geht auch das hochumstrittene Betreuungsgeld an den Start. Befeuert durch die bislang eher geringe Nachfrage spricht die Opposition dabei von einem "Ladenhüter" und dem "falschen Weg" in der Familienpolitik. Die Union verteidigte hingegen die Leistung für Eltern, die für ihre Kleinkinder keinen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen. Für diese Eltern gibt es ab Donnerstag ein monatliches Betreuungsgeld von zunächst 100 Euro, später von 150 Euro. Das Betreuungsgeld kann für Kinder beantragt werden, die ab dem 1. August 2012 geboren sind. Gleichzeitig tritt der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder in Kraft.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wies gestern beim Besuch einer Kita in Schwäbisch-Hall darauf hin, dass Eltern von ihrem Klagerecht Gebrauch machen sollten, wenn sie keinen Kita-Platz bekommen. Wenn es knirsche, könne sie den Eltern nur raten, gegebenenfalls davon Gebrauch zu machen. Diese sei ein scharfes Schwert. "Der Rechtsanspruch macht ordentlich Druck auf die Kommunen", betonte Schröder. Die Kritik am Betreuungsgeld wies sie zurück.

Wenig Resonanz gibt es bislang beim Betreuungsgeld: Nach einer dpa-Umfrage in einigen Städten liegen erst wenige Anträge vor. 40 Interessenten gibt es demnach bisher in Bremen, 15 Antragsteller in Düsseldorf. Selbst im CSU-regierten Bayern wurden bisher erst rund 500 Anträge eingereicht. Im Saarland liegen insgesamt 142 Anträge auf Betreuungsgeld vor.

Das Bundesfamilienministerium wollte seinerseits keine Prognose zum Interesse abgeben. Für die Einführung zum 1. August seien alle Vorbereitungen getroffen und alle Informationen bereitgestellt, sagte ein Sprecher. Im Gesetz sei eine spätere Bewertung vorgesehen.

Die SPD bemängelte, dass die Leistung bei der Mehrheit der Eltern nicht ankomme. Diese wünschten sich viel eher einen wohnortnahen Krippenplatz, sagte die stellvertretende Vorsitzende Manuela Schwesig. Als Beispiel nannte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern die Zahl von bislang 44 eingegangenen Anträgen in ihrem Bundesland. Schwesig kündigte einen bundesweiten Aktionstag unter dem Motto "Kita-Ausbau statt Betreuungsgeld" für den 3. August an.

Die Grünen kritisierten, das von der CSU in der Koalition durchgesetzte Instrument gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Statt einer Prämie für die Erziehung daheim bräuchten Familien eine gute Infrastruktur, ausreichend Kitaplätze sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt der "Frankfurter Rundschau". Sie nannte den Anspruch einen "Ladenhüter".

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