Berliner CSU gegen Münchner CSU

Berlin. Leichte Scharmützel zwischen der Berliner Landesgruppe der CSU im Bundestag und den Münchener CSU-Landespolitikern hatte es schon in den letzten Tagen gegeben, doch waren sie auf die zweite Ebene beschränkt geblieben. Gestern aber spitzte mit Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich (Foto: dpa) einer der Granden der Partei selbst den internen Konflikt zu

Berlin. Leichte Scharmützel zwischen der Berliner Landesgruppe der CSU im Bundestag und den Münchener CSU-Landespolitikern hatte es schon in den letzten Tagen gegeben, doch waren sie auf die zweite Ebene beschränkt geblieben. Gestern aber spitzte mit Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich (Foto: dpa) einer der Granden der Partei selbst den internen Konflikt zu. Aus dem "Süden der Republik" seien zur Gesundheitsreform bisher "nur destruktive Äußerungen" gekommen, sagte Friedrich in Berlin. Das "Störfeuer" gegen die Koalition müsse aufhören.

Gemeint waren der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (Foto: dpa) und Familienministerin Christine Haderthauer (beide CSU). Söder hatte die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Reform des Gesundheitswesens als überflüssig bezeichnet, da es eine Kopfpauschale mit der CSU sowieso nicht geben werde. Haderthauer hatte FDP-Chef Westerwelle in der Hartz IV-Debatte attestiert, er gebe nur "heiße Luft" von sich. Diese "Äußerungen von nicht zuständigen Politikern" belasteten das Klima, sagte Friedrich vor Journalisten in Berlin. Er verlange Respekt auch vor der Arbeit der CSU-Bundestagsabgeordneten, die sich in Berlin tagtäglich um Kompromisse bemühten. "Auch wir vertreten bayerische Interessen." Friedrich verwies auf die Kritik des BDI-Präsidenten Hans-Peter Keitel, der der schwarz-gelben Regierung gestern einen "Mangel an Ernsthaftigkeit" bescheinigte. Es sei angesichts der internen Auseinandersetzungen kein Wunder, wenn selbst einem Mann wie Keitel die Erfolge der Koalition verborgen blieben, meinte der CSU-Politiker.

CSU-Chef Horst Seehofer nahm der Landesgruppenchef von seiner Kritik aus, obwohl dieser die Kopfpauschale ebenfalls öffentlich ablehnt. So hatte der bayerische Ministerpräsident in der letzten Woche Modellrechnungen vorgelegt, wonach die FDP-Idee unbezahlbar ist. Wenn jemand Zahlen auf den Tisch lege, dann sei das konstruktiv, so Friedrich. Darauf könne die Kommission ja reagieren. Auch die Landesgruppe sei gegenüber der Kopfpauschale ablehnend oder skeptisch. Es gehe aber nicht, Koalitionsvereinbarungen einfach komplett in Frage zu stellen. Auch die FDP könne Respekt erwarten.

Schon bei der Landesgruppensitzung am Montagabend war die Verärgerung über die Querschüsse aus der Heimat laut geworden. "Wir brauchen nicht täglich Belehrungen aus Bayern", wurde ein Abgeordneter zitiert. Friedrich bestätigte die Vorkommnisse aus der vertraulichen Sitzung, auch das ein unüblicher Vorgang. Mit seinen Äußerungen dürfte sich der erst im Herbst gewählte Landesgruppenchef bei seinen 45 Berliner Abgeordneten Respekt verschafft haben, freilich um den Preis eines Konfliktes mit der heimischen Parteispitze.

Meinung

Jogi hilf!

Von SZ-Korrespondent

Werner Kolhoff

Der eine, Horst Seehofer, schießt permanent aufs eigene Tor, weil er vorne nicht mehr trifft, aber trotzdem in die Zeitung kommen möchte. Ausputzer Hans-Peter Friedrich hat die Gefahr erkannt und ist deshalb zu seinem Mitspieler auf engste Manndeckung gegangen, wild entschlossen ihm reinzugrätschen, um das Schlimmste zu verhindern. Stürmer Guido Westerwelle ist auch außer Kontrolle. Er nimmt den Ball, wo immer er ihn kriegen kann, in die Hand und rennt damit in die gegnerische Hälfte, als sei das hier Rugby. Die Kapitänin tendelt derweil im Mittelfeld herum und wartet, dass sie endlich die Regie über die wilde Truppe übernehmen kann. An diesen vier Leistungsträgern orientiert sich der Rest der Mannschaft.

So etwa stellte sich die Bundesregierung dar, wenn man ihr derzeitiges Handeln und Reden in Fußballsprache übersetzen würde, was im WM-Jahr nahe liegt. Die FDP gegen alle, die CDU abwartend und nun auch noch CSU gegen CSU. Jogi hilf! Aber welcher Jogi?

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