Berlin will Kurden ausbilden

Baku/Berlin · Deutschland liefert den Kurden im Irak schon Waffen zur Abwehr der Terrorgruppe IS. Nun erwägt die Bundesregierung, dort auch bei der Ausbildung von Soldaten zu helfen. Soll der Bundestag mitreden?

Die Bundesregierung prüft außer Waffenlieferungen für kurdische Kämpfer gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auch eine Ausbildungsmission der Bundeswehr im Irak. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) bestätigte gestern, dass dafür demnächst eine Erkundungsreise von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt starten soll. Dabei gehe es um die Überlegung, dass man in der nordirakischen Provinzhauptstadt Erbil "zusätzliche Ausbildung betreiben kann". An einer solchen Mission sollen sich auch andere EU-Partner beteiligen.

Steinmeier sprach bei einem Besuch in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku von einer "Erkundungsmission, die prüft, ob und was dort in Erbil geht". Zur möglichen Personalstärke äußerte er sich nicht. Im Gespräch ist laut "Süddeutscher Zeitung" eine Ausbildertruppe von 200 bis 300 Mann, darunter etwa 100 Deutsche.

Festgelegt werden müsste die rechtliche Grundlage eines Engagements. Denkbar sei eine Einladung der irakischen Regierung, berichtete die Zeitung. Ein Bundestagsmandat solle den Überlegungen in der Bundesregierung zufolge aber nicht angestrebt werden. Dies bedeutete, dass den Schutz eines Ausbildungslagers andere übernehmen müssten.

Der Sicherheitsexperte der CSU im Bundestag, Florian Hahn, sagte: "Wenn wir uns dazu entschließen, Bundeswehr-Ausbilder in den Nordirak zu schicken, sollten wir dafür unbedingt ein Bundestagsmandat einholen." Auch wenn ein Kampfeinsatz ausgeschlossen sei und es sich um eine Ausbildungsmission handele, sollten Soldaten nicht ohne die Legitimation des Parlaments in dieses Krisengebiet entsandt werden. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD ), sagte, eine "politische Beteiligung" des Parlaments müsse es in jedem Fall geben. In der nordsyrischen Kurden-Stadt Kobane sind derweil die Kämpfer der Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat (IS) erstmals seit Tagen wieder vorgerückt. Die IS-Miliz habe ihre Kontrolle über den Norden und das Zentrum der Stadt ausgeweitet, teilte gestern die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

Meinung:

Politischer Sprengstoff

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Merkwürdig, dass man bei einer Entscheidung über deutsche Ausbilder im Irak das deutsche Parlament umgehen will. Erst kürzlich haben die IS-Terroristen zur Tötung von Bürgern aller Staaten aufgerufen, welche sich am Kampf gegen sie beteiligen. Diese Drohung ist offenbar schon auf furchtbare Weise wahr geworden. In Kanada kam es zu zwei Anschlägen innerhalb einer Woche. Das Land zählt zur internationalen Koalition gegen den IS. Auch Deutschland würde mit einer Ausbildungsmission immer stärker zur Kriegspartei werden. Das birgt viel politischen Sprengstoff. Und genau damit muss sich der Bundestag befassen.

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