Belgien hat BND im Visier

Brüssel · In welchem Ausmaß lieferte der BND europäische Daten an den mächtigen US-Geheimdienst NSA? Auch die oberste belgische Staatsanwaltschaft hat jetzt Ermittlungen wegen möglicherweise illegaler Spähaktivitäten aufgenommen. Wird es tatsächlich eine Anklage geben?

Die belgische Justiz hat im Zusammenhang mit der NSA/BND-Affäre ein offizielles Ermittlungsverfahren zu mutmaßlichen deutschen Spionage-Aktivitäten eröffnet. Die Untersuchung solle klären, welche Straftaten möglicherweise verübt wurden und wer aus Belgien ins Visier der Geheimdienste geraten sein könnte, bestätigte ein Sprecher der belgischen Bundesstaatsanwaltschaft am Sonntag. Hintergrund seien die jüngst auch in den Medien veröffentlichten Informationen zu der Affäre. "Es wird jetzt erst einmal geprüft, ob diese Informationen glaubwürdig sind", sagte Jean-Pascal Thoreau. Das Verfahren stehe ganz am Anfang.

Als ein Ausgangspunkt der Ermittlungen gilt ein Bericht von mehreren europäischen Parlamentariern. Dieser legt nahe, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) zahlreiche belgische und niederländische Daten-Transitleitungen über einen Knotenpunkt in Frankfurt angezapft hat. Bereits seit 2013 ist bekannt, dass der BND dem US-Geheimdienst NSA Daten aus Frankfurt weitergegeben hat.

Untersuchung bestätigt

Nach Einschätzung der Parlamentarier hat der BND sie zuvor an seinem Standort im bayerischen Bad Aibling mit von der NSA gelieferten Suchkriterien wie IP- oder Mail-Adressen (Selektoren) durchforstet, um die Ergebnisse dann an die Amerikaner zu liefern.

Der belgische Justizminister Koen Geens hatte bereits vor einigen Wochen eine Untersuchung bestätigt, die klären soll, ob und in welchem Maße belgische Ziele tatsächlich Gegenstand angeblicher Spionageaktivitäten waren. Sollten sich der Verdacht erhärten, könnte nach Angaben von Justizsprecher Thoreau beispielsweise Anklage wegen illegalen Ausspähens von Daten erhoben werden.

Wann genau das Ermittlungsverfahren begonnen wurde, wollte Thoreau nicht sagen. Die belgische Tageszeitung "De Tijd" nannte den vergangenen Freitag als offiziellen Eröffnungstag. Sie berichtete am Sonntag als erste über das bislang geheim gehaltene Verfahren.

Unterdessen hat der US-Vizeminister für Heimatschutz, Alejandro Mayorkas, ausgeschlossen, dass der amerikanische Geheimdienst NSA mit deutscher Hilfe Unternehmen aus ökonomischen Gründen ausspioniert. "Wir haben keine Wirtschaftsspionage betrieben, die US-Firmen einen ökonomischen Vorteil verschaffte. Das ist nicht unser Ansatz", sagte Mayorkas der Zeitung "Tagesspiegel am Sonntag" auf eine Frage zu der Zusammenarbeit von Bundesnachrichtendienst (BND) und NSA. "Es geht ausschließlich um Fragen nationaler Sicherheit." Die Formulierung lässt die Möglichkeit offen, dass Unternehmen aus Sicherheitsgründen ausspioniert wurden.

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