Drittes TV-Duell der Demokraten Wer kann es mit Donald Trump aufnehmen?

Washington · Zum dritten Mal sind die demokratischen Top-Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl gegeneinander angetreten. Heftigen Streit gab es über die Krankenversicherung. Beobachter bescheinigten dem Favoriten Joe Biden eine „wacklige Vorstellung“.

  Protagonisten im Fernsehduell der Präsidentschaftskandidaten: Bernie Sanders (v.l.), Joe Biden, Elizabeth Warren und Kamala Harris.

Protagonisten im Fernsehduell der Präsidentschaftskandidaten: Bernie Sanders (v.l.), Joe Biden, Elizabeth Warren und Kamala Harris.

Foto: dpa/David J. Phillip

Der Moment, an dem im Publikum und bei den Millionen TV-Zuschauern wieder einmal die Zweifel an Joe Biden wachsen, kommt zur Halbzeit der dritten Debatte der Top-Präsidentschaftsbewerber der Demokraten. Der frühere Stellvertreter von Barack Obama weicht zunächst einer kritischen Frage aus, was die Massen-Abschiebung illegaler Migranten in seiner achtjährigen Amtszeit angeht – und sagt, er sei ja nur Vizepräsident gewesen.

Dann soll er sich dazu äußern, ob der Totalabzug aus dem Irak ein Fehler gewesen sei – und flüchtet sich in einen Vortrag über die ethnischen Strömungen im Land. Als dann ein Moderator die Frage von Reparationszahlungen an Afro-Amerikaner für die Sklavenzeit aufbringt, zeigt sich der Umfragen-Favorit ganz von der Rolle.

Er verliert jeden roten Faden, erinnert zeitweise an Donald Trump. Heftig austeilen kann er trotzdem: Biden macht an dem Abend sehr deutlich, dass er die Gesundheitsreformpläne der Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren für wenig realistisch hält. Er wirft den beiden Vertretern des linken Parteiflügels – ebenfalls weit vorne in den Umfragen – vor, die Finanzierungsfrage offen zu lassen: „Wie werden wir das bezahlen?“ Sanders und Warren wollen die staatliche Krankenversicherung Medicare deutlich ausweiten und zum Gesundheitsschutz für alle US-Bürger machen. Biden plädiert dagegen für eine vorsichtigere Fortentwicklung von „Obamacare“. Bei der dritten Runde der Fernsehdebatten unter den demokratischen US-Präsidentschaftsbewerbern werden auch an anderen Stellen die Differenzen zwischen den progressiven Senatoren und dem gemäßigten Favoriten deutlich.

Die New York Times spricht im Anschluss von einer „wackeligen Vorstellung“ Bidens. Einer seiner Mitbewerber, der Latino Julian Castro, wagt es sogar, mögliche Demenz-Probleme des 76-Jährigen zu thematisieren. Castro wirft Biden vor, innerhalb von nur zwei Minuten seine Position bei einer Detailfrage völlig geändert zu haben – und muss sich daraufhin den Vorwurf gefallen lassen, eine Anstandsgrenze überschritten zu haben.

Doch Analysten erinnern in ihren Bilanzen zur TV-Debatte mit nunmehr nur noch zehn Kandidaten auch daran, dass sich am Ende der Nominierungs-Gewinner Donald Trump stellen muss. Und der gilt als gnadenloser Debattierer, der vor Tiefschlägen und Foulspiel noch nie zurückscheute. Die Frage, ob Biden gegen den derzeitigen Präsidenten bestehen könnte, wirft dann auch das populäre Magazin Politico auf – und gibt die Antwort in der Überschrift gleich mit: „Warum kann Joe Biden keine Debatte gewinnen?“

Was in den ersten beiden TV-Runden etwas zu kurz kam, holen Biden und seine gefährlichsten Mitbewerber am Donnerstagabend nach: Scharfzüngige Attacken gegen Donald Trump. Auch der Klimaschutz hat eine Chance. „Wir haben enorme Möglichkeiten, sobald wir Trump loswerden,“ konstatiert Biden. Warren kündigt an: Wählt mich, und ich stoppe bis 2035 mindestens 70 Prozent aller schädlichen Emissionen im Land. Auch andere Kandidaten wie Kamala Harris versprechen, am ersten Tag einer möglichen Präsidentschaft wieder den von Trump aufgekündigten Pariser Klima-Verträgen beizutreten.

 12.09.2019, USA, Houston: Die demokratischen Bewerberinnen um die Präsidentschaftskandidatur Elizabeth Warren (l) und Kamala Harris stehen im Rahmen der dritten TV-Debatte auf der Bühne nebeneinander. Foto: David J. Phillip/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

12.09.2019, USA, Houston: Die demokratischen Bewerberinnen um die Präsidentschaftskandidatur Elizabeth Warren (l) und Kamala Harris stehen im Rahmen der dritten TV-Debatte auf der Bühne nebeneinander. Foto: David J. Phillip/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/David J. Phillip

Die Absage des von Trump klammheimlich geplanten Gipfels mit den Taliban und Vertretern Kabuls macht auch die Frage aktuell, wie denn ein Demokrat im Weißen Haus mit dem Afghanistan-Konflikt umgehen würde. Am klarsten ist hier die Kandidatin Warren: Sie will auch ohne einen Friedensvertrag mit den Taliban alle Truppen schnellstens zurückholen. Biden, der sich erstmals auf einer Debattenbühne direkt mit Warren konfrontiert sieht, würde die Soldaten ebenfalls nach Hause holen. Konkreter wird er nicht. Er scheint sich hier seine Optionen für den Fall des Wahlsiegs im Jahr 2020 offen halten zu wollen.

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