Bei der SPD brodelt es wegen Vorratsdaten

Berlin · Lange wehrten sich große Teile der SPD gegen die Vorratsdatenspeicherung. Nun hat Parteichef Gabriel eingelenkt. Andere ziehen nach. Der Druck auf Justizminister Maas wächst. Die CDU hofft auf eine Einigung in diesem Jahr.

Nachdem sich SPD-Chef Sigmar Gabriel klar für eine verfassungsfeste Einführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat, schöpft man in der Union Hoffnung auf einen baldigen Kompromiss. Dem Vernehmen nach stellt sich auch Justizminister Heiko Maas zähneknirschend darauf ein, der Order seines Vorsitzenden zu folgen. Bislang trat er stets auf die Bremse.

"Wir brauchen das" - schließlich erlebe man, dass die Welt ziemlich gefährlich geworden sei. Deshalb müsse man technisch in der Lage sein, "darauf zu reagieren". Mit diesen Worten hatte Sigmar Gabriel am Sonntag im Deutschlandfunk der Dauer-Diskussion über das hoch umstrittene, anlasslose Sammeln von Verbindungsdaten eine neue Richtung gegeben. Und anders als in der Vergangenheit dürfte die Ansage diesmal nicht folgenlos bleiben. Hintergrund ist die Tatsache, dass die EU-Kommission nach eigenen Angaben keine neue Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung plant, nachdem das alte Regelwerk 2014 vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden war. Darauf hatte die SPD aber gesetzt. "Da es aus Europa nichts geben wird, müssen wir uns entscheiden, inwieweit wir in Deutschland eine eigene solide Regelung finden", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi gestern. Noch ein paar Tage zuvor hatte sie die Vorratsdatenspeicherung generell in Frage gestellt.

Auch Justizminister Heiko Maas galt immer als glühender Gegner einer anlasslosen, massenhaften Datenspeicherung. Hinter den Kulissen brodelt es offenbar gewaltig. Nach SZ-Informationen hatte Maas am Sonntag kurzfristig seine Teilnahme an der Verleihung des Siebenpfeiffer-Preises für den Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald in Homburg abgesagt, bei der Gabriel die Laudatio hielt. Grund war das zuvor im Deutschlandfunk gegebene Interview des Parteivorsitzenden, über das Maas stinksauer war. Dem Vernehmen nach drängen Gabriel und der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann auf eine zügige Lösung des Dauerstreits.

Der Europäische Gerichtshof hat die massenhafte Speicherung nicht grundsätzlich abgelehnt. Vielmehr gab es Bedenken bei verschiedenen Details. So war etwa in der gekippten EU-Richtlinie eine Speicherungsfrist der Telefon- und Internetdaten von wenigstens sechs und höchstens 24 Monaten enthalten. Ein Kompromiss wäre nun möglich. "Eine Mindestspeicherfrist von drei Monaten ist mir lieber als überhaupt keine Daten, die wir für die Verhinderung oder Aufklärung von schweren Straftaten nutzen können", sagte CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach gestern der SZ. "Wenn Herr Maas seine prinzipiellen Bedenken aufgibt, ist bei gutem Willen aller Beteiligten noch eine Einigung in diesem Jahr möglich."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort