Barroso stellt neues Team vor

Brüssel. José Manuel Barroso gibt sich kämpferisch: "Wir werden nicht bitten, sondern handeln." Es sei ein "starkes Team" für eine "grüne soziale Marktwirtschaft". Selten hat man den 53-jährigen portugiesischen Präsidenten der EU-Kommission so selbstbewusst auftreten sehen, wie an diesem Freitagmittag

Brüssel. José Manuel Barroso gibt sich kämpferisch: "Wir werden nicht bitten, sondern handeln." Es sei ein "starkes Team" für eine "grüne soziale Marktwirtschaft". Selten hat man den 53-jährigen portugiesischen Präsidenten der EU-Kommission so selbstbewusst auftreten sehen, wie an diesem Freitagmittag. Sein neues Team: 27 Namen, darunter neun Frauen, zwölf Neulinge, sieben Vizepräsidenten (bisher fünf), weitgehend neu zugeschnittene Ressorts. Sogar Barrosos heftigster Kritiker, der Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Europa-Parlament, Martin Schulz, kommentierte fast schon euphorisch: "Ich bin zufrieden." Für Günther Oettinger fiel bei der Aufgabenverteilung das Energieressort ab. Der 56-jährige Schwabe und bisherige baden-württembergische Ministerpräsident soll sich in enger Abstimmung mit dem Umwelt- und Klimaschutz-Kollegen um sparsamen Umgang, sichere Netze und die Kontrolle der Versorger kümmern. Dass der Schwabe als Befürworter der Kernenergie gilt, dürfte Barroso ins Konzept passen. "Eine glänzende Wahl", fand die CSU-Europa-Abgeordnete Ingrid Niebler. Werner Langen, Chef der CDU-Abgeordneten in der Straßburger Volksvertretung, zeigte sich dagegen enttäuscht: Oettinger habe "nur wenig Gestaltungsspielraum", die Bundesregierung "hätte sich um ein wichtigeres Ressort" bewerben sollen. Barrosos neue Kommission besteht aus zwei Schwerpunkten. Zum einen hat der Portugiese Deutschland, Spanien und Frankreich im Bereich Wirtschaft und Finanzen eng miteinander verzahnt, indem er Oettinger (Energie) mit Joaquin Almunia (Wettbewerb) und Michael Barnier (Binnenmarkt) sowie dem Finnen Olli Rehn (Währung) und der Niederländerin Neelie Kroes (digitale Wirtschaft) zusammenspannt. Den zweiten großen Schwerpunkt bildet der Umweltschutz, für den der bisherige slowenische Forschungskommissar Janez Potocnik verantwortlich zeichnet. Ergänzt wird das Personal für diesen zentralen Bereich durch eine eigene Klimaschutz-Ressortchefin, die von Barroso so sehr geschätzte, agile Dänin Connie Hedegaard. Oettinger könne zwischen all diesen Ressorts durchaus eine "wichtige Schaltstelle" bilden, hieß es am Freitag in Brüssel. Schließlich gehe es bei den Aufgaben, die der Schwabe künftig wahrzunehmen habe, um ein "Querschnittsressort", das überall "hineinspiele". Für die vorgeschlagenen Kommissionsbewerber beginnt am 11. Januar zunächst der Härtetest: Jeder muss sich einer zweieinhalbstündigen Anhörung des Europäischen Parlamentes stellen. Und dann hoffen, dass er eine Mehrheit von wenigstens 60 Prozent der Stimmen bekommt. Ansonsten muss Barroso für Ersatz sorgen. Meinung

Kein Team für die Königsklasse

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes Das ist kein Team für die Königsklasse. In weiten Bereichen besticht das, was EU-Kommissionspräsident Barroso da als "zupackende Mannschaft Europa" vorstellte, bestenfalls durch Mittelmaß. Ausgerechnet einem rumänischen Kommissar die Verantwortung für die Landwirtschaft und damit den am besten gefüllten Fördertopf der EU zu übertragen, kommt schon fast einem Skandal gleich. Erst vor wenigen Monaten hatte Brüssel die Zahlungen an Rumänien eingestellt, weil die Mittel dort missbräuchlich verwendet wurden. Deutschland dagegen kann durchaus zufrieden sein, vorausgesetzt Günther Oettinger gelingt es, aus dem allzu schmal zugeschnittenen Energieressort etwas zu machen. Dass Oettinger eine gute Wahl für das Energieressort ist, steht außer Frage. Fraglich ist, ob er nicht eine andere Aufgabe verdient hätte. Auf einen BlickDie neue EU-Kommission hat 27 Mitglieder. Sie wird voraussichtlich am 1. Februar 2010 ihre Arbeit aufnehmen und bis zum 31. Oktober 2014 amtieren. Präsident der EU-Kommission: José Manuel Barroso (53; Portugiese); Hohe Vertreterin der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik: Catherine Ashton (53; Britin); Wettbewerb: Joaquin Almunia (61, Spanier); Digitalwirtschaft: Neelie Kroes (68, Niederländerin); Justiz und Grundrechte: Viviane Reding (58, Luxemburgerin); Transport: Siim Kallas (61, Estländer); Industrie: Antonio Tajani (56, Italiener); Beziehungen zwischen den EU-Institutionen und Verwaltung: Maros Sefcovic (43, Slowake); Arbeit und Soziales: László Andor (43, Ungar); EU-Binnenmarkt: Michel Barnier (58, Franzose); Landwirtschaft: Daclan Ciolos (40, Rumäne); Gesundheit und Verbraucher: John Dalli (61, Maltese); Schifffahrt und Fischerei: Maria Damanaki (57, Griechin); Handel: Karel de Gucht (55, Belgier); Erweiterung und Nachbarschaftspolitik: Stefan Füle (47, Tscheche); Regionalpolitik: Johannes Hahn (51, Österreicher); Klima: Connie Hedegaard (49, Dänin); Forschung und Innovation: Máire Geoghegan-Quinn (59, Irin); Internationale Zusammenarbeit: Rumiana Jeleva (40, Bulgarin); Haushalt: Janusz Lewandowski (58, Pole); Innenpolitik: Cecilia Malmström (41, Schwedin); Energie: Günther Oettinger (56, Deutscher); Entwicklung: Andris Piebalgs (52, Lette); Umwelt: Janez Potocnik (51, Slowene); Wirtschaft und Finanzen: Olli Rehn (47, Finne); Steuern und Zölle: Algirdas Semeta (47, Litauer); Bildung, Kultur und Mehrsprachigkeit: Androulla Vassiliou (66, Zypriotin). dpa

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