Ausweis-Entzug für Terroristen

Berlin · Künftig soll potenziellen Terroristen nicht nur durch Entzug des Reisepasses die Ausreise erschwert werden. Nach einem Beschluss des Bundestages kann nun auch der Personalausweis eingezogen werden.

Die Bundesregierung will die Ausreise gewaltbereiter Islamisten künftig verhindern. Dazu stimmte das Kabinett gestern einer Änderung des Passgesetzes zu. Demnach soll potenziellen Terroristen künftig auch der Personalausweis entzogen werden können. Bislang durften Behörden lediglich den Reisepass abnehmen, wenn Personen verdächtigt wurden, sich im Ausland einer terroristischen Vereinigung anschließen zu wollen.

Mindestens 20 Islamisten konnten nach Medienberichten trotz Entzugs des Reisepasses bislang aus Deutschland in den Bürgerkrieg nach Syrien und in den Irak reisen. Das berichteten die Zeitungen "Hamburger Abendblatt" und "Die Welt" unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei. Demnach nutzten die potenziellen Dschihadisten den Landweg quer durch die Europäische Union, reisten dann über die Türkei weiter nach Syrien . Für eine solche Reise reiche der Personalausweis aus, hieß es in den Berichten.

Künftig soll deshalb ein Ersatz-Personalausweis für bis zu drei Jahre ausgestellt werden, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen. Darauf hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern im Herbst geeinigt. Sie sehen eine Gefahr für die Sicherheit in Deutschland, wenn gewaltbereite Islamisten etwa aus dem Bürgerkriegsland Syrien zurückkehren. Im Entwurf wird auf den Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel im Mai vorigen Jahres verwiesen, der von einem Syrien-Rückkehrer verübt worden war.

Seit 2012 sind den Angaben zufolge bislang etwa 450 Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien gegangen. Etwa 60 Prozent dieser Personen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre Rückreise führe "zu einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage" in Deutschland, heißt es in dem Gesetzentwurf. Darüber hinaus gebe es "eine hohe abstrakte Gefährdung durch den islamisch-dschihadistischen Terrorismus" für deutsche Einrichtungen und Interessen im Ausland.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Bundestag, Christine Lambrecht, kündigte zudem an, dass ein weiteres Maßnahmenpaket geplant sei, um terroristische Anschläge zu verhindern. Dazu zähle etwa, das Strafmaß für Reisen in Kriegs- und Krisengebiete zur Vorbereitung solcher Anschläge zu verschärfen. Entsprechende Gesetzentwürfe würden vom Bundesjustizministerium vorbereitet.

Meinung:

Berliner Betulichkeit

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Der Entzug des Personalausweises ist sicher eines der Mittel, um die Reisetätigkeit von Dschihadisten einzudämmen, auch wenn damit natürlich nicht gesichert ist, dass sie komplett verhindert werden kann. Seltsam allerdings, dass sich die Bundesregierung so lange Zeit für ihren Gesetzentwurf gelassen hat. Bereits im Spätsommer des vergangenen Jahres, als der IS einen Erfolg nach dem anderen vermelden konnte, kam es zu einer UN-Resolution, die alle Mitgliedsländer darauf einschwor, den Zustrom zum IS zu unterbinden. Deutschland steht jetzt, vier Monate später, gerade einmal am Beginn des Verfahrens für ein allererstes Gesetz. Was für eine Betulichkeit!

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