Spannungen Wollen die USA einen Umsturz im Iran provozieren?

Brüssel · Der überraschende Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo beunruhigt die Europäer. Maas warnt die USA davor, einen Krieg zu riskieren.

Heiko Maas (SPD, l) spricht am Rande des EU-Außenminister-Treffens mit Mike Pompeo, dem US-Außenminister.

Heiko Maas (SPD, l) spricht am Rande des EU-Außenminister-Treffens mit Mike Pompeo, dem US-Außenminister.

Foto: dpa/Photothek.Net

Wie bedrohlich die Lage ist, wird deutlich, als der britische Außenminister vor die Mikrofone tritt. „Wir sind äußerst besorgt, dass es aus Versehen zu einem Konflikt kommen könnte – mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist“, erklärt Jeremy Hunt am Montag beim EU-Außenministertreffen mit Blick auf die Spannungen zwischen den USA und dem Iran. Aus britischer Sicht brauche es dringend eine Ruhephase, damit sich jeder erst einmal darüber klar werden könne, was die andere Seite überhaupt wolle. Die Äußerungen sind klar an US-Außenminister Mike Pompeo gerichtet, der zuvor eine Stippvisite in Brüssel angekündigt hatte – ohne Einladung und für die Europäer völlig überraschend.

Wenig später, nach einem kurzen Gespräch mit Pompeo, wird dann auch Bundesaußenminister Heiko Maas sehr deutlich. Mit klaren Worten warnt der SPD-Politiker die USA davor, einen Krieg mit dem Iran zu riskieren. Er habe Pompeo „noch einmal deutlich gemacht“, dass Deutschland keine militärische Eskalation wolle, sagt Maas. Aus europäischer Sicht sei das mit dem Iran geschlossene Nuklearabkommen derzeit der einzige und beste Weg, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern.

Zumindest indirekt übt Maas damit vernichtende Kritik an der Iran-Politik des einst so engen Verbündeten. Daran, dass die USA vor einem Jahr ohne Absprache aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausstiegen und danach Wirtschaftssanktionen erließen, die weltweit Unternehmen davor abschrecken, mit dem Iran Geschäfte zu machen. Und vor allem daran, dass Washington bislang keine Alternative zu dem Atomabkommen aufgezeigt hat.

In Brüssel gibt es deswegen die Vermutung, dass die US-Regierung eigentlich einen Umsturz im Iran provozieren will. Je schlechter es den Menschen wegen der Wirtschaftssanktionen gehe, desto eher könnten sie geneigt sein, die autoritäre Führung loswerden zu wollen, könnte demnach die Hoffnung lauten. Hinweise auf eine solche Strategie finden sich vor allem in älteren Aussagen von John Bolton. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump hatte vor seinem Amtsantritt wiederholt für einen Regimewechsel oder sogar einen Krieg gegen den Iran geworben. Um die iranische Atombombe zu verhindern, müsse man den Iran bombardieren, schrieb er 2015.

Offiziell begründen die USA ihren Ausstieg aus dem Atomabkommen damit, dass es den Iran nicht davon abhalte, in der Region Unruhe zu stiften. Die Europäer sehen die Rolle des Iran in der Region ebenfalls sehr kritisch. Sie wollen allerdings das Atomabkommen mit dem Land erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bislang alle schriftlich eingegangenen Verpflichtungen einhält. Zugleich wird befürchtet, dass ein Krieg oder selbst schon eine Destabilisierung des Iran zu neuen Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa führen könnte.

„Wir sind mit der Rolle etwa in Syrien nicht einverstanden, auch nicht mit dem ballistischen Raketenprogramm“, kommentiert Maas in Brüssel. In Europa sei man sich aber einig, dass das Abkommen für unsere Sicherheit notwendig ist. „Niemand will, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe kommt“, sagt Maas. Konkret soll es bei den Rettungsbemühungen für den Atomdeal nun vor allem darum gehen, trotz US-Sanktionsdrohungen Handelsbeziehungen mit dem Iran aufrechtzuerhalten.

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