Nach Treffen der Innenminister Wie die EU den Terror bekämpfen will

Brüssel · Die Mitgliedstaaten wollen schärfer gegen Extremisten vorgehen. Doch viele Maßnahmen, die es schon gibt, werden nicht umgesetzt.

 Vor dem Pariser Bataclan-Konzertsaal liegen Gedenkkränze für die Opfer des Attentats vor fünf Jahren, der am Freitag gedacht wurde. Anschläge wie diesen wollen die EU-Innenminister künftig verhindern.

Vor dem Pariser Bataclan-Konzertsaal liegen Gedenkkränze für die Opfer des Attentats vor fünf Jahren, der am Freitag gedacht wurde. Anschläge wie diesen wollen die EU-Innenminister künftig verhindern.

Foto: dpa/Benoit Tessier

Es war so etwas wie eine stille Verneigung vor den Opfern der Terroranschläge vor Paris. Die EU-Innenminister warteten am Freitag die Gedenkfeiern in der französischen Hauptstadt zum fünften Jahrestag der Attentate erst einmal ab, bevor sie sich zusammenschalteten. 131 Tote und über 400 Verletzte gab es am 13. November 2015. Seither haben sich etliche weitere Terror-Anschläge mit zusätzlichen Opfern ereignet. „Wir stemmen uns mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen diese Geißel unserer Zeit“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach den Beratungen.

Doch der Gemeinschaft mangelt es nicht an solchen Appellen und Versprechungen. „Wir müssen, was wir beschlossen haben, auch umsetzen“, verlangte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Dies gelte besonders für das Internet. Nach Erkenntnissen der europäischen Polizeizentrale Europol in Den Haag enthielten Mitte des Jahres rund 2000 Seiten im Web detaillierte Anregungen für Anschläge, darunter ausführliche Tipps, wie Täter nach einem Attentat anonym untertauchen können. Künftig sollen solche Seiten innerhalb von höchstens 60 Minuten gesperrt und gelöscht werden.

Eine weitere Lücke klafft offenbar an den Außengrenzen. Nach Erkenntnissen der Grenzschutzagentur Frontex werden rund 22 Prozent der Einreisenden nicht geprüft. Seehofer drängt deshalb auf eine verstärkte Kontrolle der Außengrenzen. „Wir brauchen einen deutlich verbesserten Grenzschutz.“ Allerdings verschoben die Innenminister im Vorjahr eine Aufstockung von Frontex auf 10 000 Beamte ins Jahr 2027.

Der Bundesinnenminister will die Ausweitung der Überwachung an den Rändern der EU ausbauen, weil dies das „richtige Mittel“ sei, um Gefährder schon aufzugreifen, bevor sie in die Union kommen. Seehofer tritt weiter dafür ein, „alle nachrichtendienstlichen Möglichkeiten zu nutzen“, auch wenn „ich die datenschutz- und verfassungsrechtlichen Einwände sehr ernst nehme“. Hinter der Forderung steckt das Drängen, Zugriff auf die digital-verschlüsselte Kommunikation über Messenger wie WhatsApp oder Telegram zu erhalten. Nicht wenige EU-Regierungen sind strikt dagegen. Die Vorratsdatenspeicherung wurde von Gerichten aller Instanzen verworfen, die Minister halten sie dennoch für unverzichtbar.

Um die Einreise von Drittstaatsangehörigen besser verfolgen zu können, soll 2022 das elektronische Einreise-/Ausreise-System (EES) der EU starten. Dabei gibt es noch etliche Lücken im bestehenden Schengen-Informationssystem (SIS). Johansson: „Die Mitgliedstaaten müssen mehr und vor allem bessere Informationen austauschen.“ Doch dies funktioniert auch Jahre nach der Einführung von SIS nicht. Österreich plädiert seit dem Anschlag in Wien für eine intensivierte Schleierfahndung entlang der Übergänge im Inneren der Union. Seehofer: „Wir müssen der Bevölkerung sagen können: Für eure Sicherheit wird alles getan.“ Wenn die EU-Grenzen nach außen hin nicht wirkungsvoll kontrolliert werden können, „müssen wir über andere Wege reden“. Also doch wieder Polizei an den Übergängen im Inneren? Der Schengen-Raum scheint nicht mehr tabu.

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