Kritik an von der Leyen „Schützen, was Europa ausmacht“

Brüssel · Von der Leyen eckt an: Abgeordnete des EU-Parlaments werfen der designierten Kommissionschefin rechtspopulistische Wortwahl im Programm zur Migration vor.

 Noch nicht im Amt, schon in Kritik: Ursula von der Leyen.

Noch nicht im Amt, schon in Kritik: Ursula von der Leyen.

Foto: AP/Francisco Seco

Allzu lange konnte sich Ursula von der Leyen nicht im vielfachen Lob über ihr neues Kommissionsteam sonnen. Nur wenige Tage nach der Präsentation am Dienstag steht die designierte Chefin der wichtigsten EU-Behörde im Mittelpunkt scharfer Kritik. Auslöser sind Unklarheiten bei der Bezeichnung des Ressorts, in dem es um die Migrationspolitik der EU gehen soll.

Als Vizepräsident ist der Grieche und langjährige Chefsprecher der Juncker-Kommission, Margaritis Schinas, vorgesehen. Bisher trug das Dossier die schlichte Überschrift „Migration, Inneres und Bürgerschaft“. Über Schinas‘ Verantwortungsbereich schrieb von der Leyen dagegen „Schützen, was Europa ausmacht“. Im Englischen werde der Grund der Aufregung noch deutlicher, sagen Sozialdemokraten, Grüne und Liberale: „Protecting our European way of life“ (Schutz unserer europäischen Lebensart).

Philippe Lamberts, Ko-Fraktionschef der Grünen im Europa-Parlament, beklagte, dass von der Leyen die europäische Lebensart gegen Migranten ausspiele und mit dieser Wortwahl „nach der Pfeife der Rechtsextremen tanzt“. Dieser Vorgang sei ein „absoluter Skandal“. Die liberale ungarische Abgeordnete Katalin Cseh fühlte sich gar an die Begrifflichkeiten von Premier Viktor Orbán erinnert und sagte: „Man kann Populismus nicht bekämpfen, indem man ihn zum Mainstream macht.“ Der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte in einem Interview: „Ich denke, dass das geändert werden muss.“

Inzwischen haben die Fraktionschefs von der Leyen für nächste Woche nach Straßburg gebeten. „Wir wollen darüber reden“, kündigte Parlamentspräsident David Sassoli an. „Einige Titel haben zu Verwirrung geführt.“ Dabei geht es nicht nur um den Titel. Üblicherweise erhält jeder neue EU-Kommissar einen Brief mit genauer Aufgabenbeschreibung. Darin heißt es für Schinas: „Wir müssen die berechtigten Ängste und Befürchtungen wegen der Folgen ungeordneter Migration auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft ernstnehmen.“ Juncker kommentierte das mit dem Hinweis, ihm gefalle die Idee nicht, dass „der Schutz des europäischen Lebensstils“ der Migration entgegenstehen solle. Von der Leyen lehnt bisher – einer Sprecherin zufolge – eine Namensänderung ab.

Von der Leyen hat noch ein Problem: Zuletzt kristallisierte sich heraus, dass das Europäische Parlament einige Kandidaten für ihr Team ablehnen dürfte.

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