US-Außenminister gilt als treibende Kraft hinter der Tötung des iranischen Generals Soleimani Pompeo redet, ohne Antworten zu geben

Washington · Mike Pompeo lässt sich in diesen Tagen auffallend oft in Fernsehstudios zuschalten. Der US-Außenminister ist das mediale Aushängeschild des Kabinetts. Er soll erklären, warum die Gefahr für amerikanische Soldaten in Nahost und der Golfregion so akut war, dass der iranische General Qassem Soleimani ausgeschaltet werden musste.

 US-Außenminister Mike Pompeo kann sich jetzt als vorläufiger Sieger einer regierungsinternen Debatte fühlen.

US-Außenminister Mike Pompeo kann sich jetzt als vorläufiger Sieger einer regierungsinternen Debatte fühlen.

Foto: dpa/Pablo Martinez Monsivais

„Eine Attacke stand unmittelbar bevor, und Soleimani war ihr Einfädler“, hatte er den Drohnenangriff am Bagdader Flughafen anfangs begründet. Seitdem verlangt eine skeptische Opposition Aufklärung darüber, was an unmittelbar bevorstehenden Attacken drohte, was die eigenen Geheimdienste wussten und warum die Kommandoaktion keinen Aufschub duldete. Doch Pompeo erklärt nichts. Er redet, ohne Antworten zu geben.

Wann man mit Anschlägen der Iraner oder ihrer Hilfstruppen rechnete, wollte etwa Chuck Todd, der prominenteste Nachrichtenmoderator des Senders NBC, wissen. In Tagen? In Wochen? Bitte etwas genauer! „Wenn Sie ein Amerikaner in dieser Region sind“, erwiderte Pompeo, „sind Tage und Wochen nicht relevant.“ „Wir haben einen bösartigen Akteur vom Schlachtfeld entfernt, wir haben richtig entschieden“, wiegelte er ab, als ihm bei CNN die gleiche Frage noch einmal gestellt wurde. Der Öffentlichkeit mit Allgemeinplätzen zu kommen, das sei zu wenig, kritisierte daraufhin Chris Van Hollen, ein demokratischer Parlamentsveteran. Ein solches Spiel mit der Wahrheit habe das Land in den Strudel des Irakkriegs gezogen. „Die Regierung steht in der Pflicht. Sie muss Beweise liefern.“

Jedenfalls ist der Außenminister, mehr noch als Präsident Donald Trump, in den vereinigten Staaten das Gesicht der Irankrise. Omnipräsent in den Medien, überaus selbstsicher, überaus dünn, was die Faktensubstanz angeht. Zudem kann er sich als vorläufiger Sieger einer regierungsinternen Debatte fühlen, die er vor gut einem halben Jahr noch verloren hatte. Bereits im Juni, nach dem Abschuss einer amerikanischen Drohne durch iranisches Militär, hatte Pompeo bewaffneter Vergeltung das Wort geredet. Neben John Bolton, dem mittlerweile geschassten Sicherheitsberater, gehörte er zu den eifrigsten Fürsprechern einer möglichst harten Reaktion. Zunächst folgte Trump den Falken, bevor er den geplanten Raketenschlag in letzter Minute abblies. Diesmal setzte sich Pompeo mit seinem Rat durch, offenbar begünstigt durch Fernsehbilder.

In seinem Strandclub Mar-a-Lago, wo er die Weihnachtsferien verbrachte, schaute Trump ausgiebig fern. Er sah, wie Anhänger einer schiitischen, von Iran gelenkten Miliz das Gebäude der amerikanischen Botschaft in Bagdad zu stürmen versuchten. Was da über den Bildschirm flimmerte, berichten Anwesende, habe ihn in Rage versetzt. In dieser Lage, schreibt die Washington Post, soll Pompeo mehrmals am Tag mit ihm gesprochen haben. Maßgeblich unter seinem Einfluss habe sich Trump für eine Option entschieden, die ihm das Militär zwar vorgeschlagen hatte, aber nur als die extremste neben anderen, eher theoretisch denn ernst gemeint. Als der Präsident grünes Licht für die Tötung Soleimanis gab, habe er seine Generäle überrascht – und Pompeo triumphieren lassen.

Der ist gestern übrigens erneut Spekulationen entgegengetreten, er könnte womöglich aus dem Kabinett aussteigen und im US-Staat Kansas für einen Senatssitz kandidieren. „Ich habe gesagt, dass ich so lange Außenminister bleiben werde, wie Präsident Trump mich haben will“, erklärte Pompeo.

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