Rückzug von Pressekonferenzen? Warum Trump in der Corona-Krise nun lieber schweigen will

Washington · Es war die wohl kürzeste Pressekonferenz in der Amtszeit Donald Trumps. Am Freitagabend, zur besten Sendezeit vor Millionen US-Bürgern, beendete der Präsident nach nur 21 Minuten sein tägliches Pressebriefing zur Coronavirus-Pandemie.

Seine jüngste Äußerung zu Desinfektionsmitteln sorgte für Wirbel: US-Präsident Donald Trump.

Seine jüngste Äußerung zu Desinfektionsmitteln sorgte für Wirbel: US-Präsident Donald Trump.

Foto: AP/Evan Vucci

Fragen waren, in Abkehr von der seit Mitte März üblichen Routine, nicht erlaubt. Und am Samstag wollte sich Trump gar nicht mehr äußern. Stattdessen erklärte er auf Twitter seinen künftigen Verzicht auf die rund zweistündigen Termine. Sie seien den Aufwand nicht wert, schrieb Trump, denn die Medien würden „nichts als feindselige Fragen stellen“ und „sich dann weigern, die Wahrheit oder die Fakten genau zu berichten. Sie haben Rekord-Einschaltquoten und das amerikanische Volk bekommt nichts als Fake News.“

Es war, einmal mehr, eine Reaktion auf den jüngsten Ärger um seine Äußerungen. Am Donnerstag hatte Trump während einer Pressekonferenz Wissenschaftler dazu aufgefordert, einmal zu prüfen, ob es im Kampf gegen das Virus sinnvoll sein könnte, Menschen Desinfektions- und Bleichmittel spritzen zu lassen. Den Vorschlag richtete der Präsident an einen medizinischen Berater des Heimatschutz-Ministeriums im Saal. Was folgte, waren Ungläubigkeit bei Experten und jede Menge Schadensbegrenzung von den Herstellern jener Mittel, die die Bürger davor warnten, die Reinnungsmittel als Schutz vor dem Virus einzunehmen. Die Gift-Hotlines in Illinois und anderen Bundesstaaten verzeichneten eine deutliche Zunahme von Anrufen. Als Trump dann dämmerte, welchen Schaden er mit seiner Idee angerichtet hatte, ruderte er zurück. Sein Vorschlag sei doch nur „Sarkasmus“ gewesen, mit dem er die Medien testen wollte, behauptete er. Seitdem hätten, so berichten gut informierte US-Medien, Berater des Präsidenten den Druck auf ihn erhöht, sich nicht mehr so oft der Öffentlichkeit zu stellen.

Trump ist für sein Pandemie-Krisenmanagement mehrfach scharf kritisiert worden, nachdem er zu Beginn der Krankheitswelle den Bürgern noch versprochen hatte, „das Ganze“ werde in wenigen Tagen vorbei sein. Auch war die US-Regierung offenbar völlig unvorbereitet, was den enormen Bedarf an Beatmungsgeräten und Schutzkleidung für Pfleger und Ärzte angeht. Die Zustimmungswerte für Trump sind seit Beginn der Pandemie stetig gesunken – und besonders kritisch sieht sein Umfeld, dass der Präsident in für die Wahlentscheidung im November wichtigen Bundesstaaten wie Ohio und Florida Umfragen zufolge derzeit klar gegen den demokratischen Herausforderer Joe Biden verlieren würde. Fazit der Berater: Je mehr er sich in der Krise äußert, desto weniger Sympathien erzeugt er. Das liegt auch daran, dass seine politischen Gegner die Fehltritte Trumps gezielt ausnutzen. So warnte Biden am Wochenende: „Bitte trinkt keine Bleichmittel.“ Und auch Hillary Clinton, Trumps Ex-Konkurrentin, meldete sich zu Wort: „Bitte vergiften Sie sich nicht, nur weil Donald Trump denkt, dass es eine gute Idee sein könnte.“

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