USA Trump folgt doch nicht seinem Instinkt

Arlington · Der US-Präsident hört auf seine Generäle und schickt mehr Soldaten nach Afghanistan. Und er bemüht sich, das mit seiner „America-first“-Strategie zu vereinbaren.

 US-amerikanische Truppen im afghanischen Kabul: Bald soll das Truppenkontingent am Hindukusch aufgestockt werden. Um wieviel genau, lässt Präsident Trump offen. Kongressabgeordneten zufolge sollen es 4000 zusätzliche Soldaten sein.

US-amerikanische Truppen im afghanischen Kabul: Bald soll das Truppenkontingent am Hindukusch aufgestockt werden. Um wieviel genau, lässt Präsident Trump offen. Kongressabgeordneten zufolge sollen es 4000 zusätzliche Soldaten sein.

Foto: dpa/Rahmat Gul

Es ist eine Kulisse, wie amerikanische Generäle sie lieben. Flaggen über Flaggen, dazu dunkle Vorhänge, in den Reihen vorm Rednerpult Soldaten in gescheckten Uniformen. Nebenan liegt der Friedhof Arlington, auf dem Tausende Gefallene unter schlichten Reihen weißer Grabsteine begraben sind. Kein Zufall, dass Donald Trump die Kaserne Fort Myer als Kulisse wählte, um zu erklären, dass er sich der Sicht seiner Generäle anschließt. Dass er korrigiert, was er noch im Wahlkampf zum Thema Afghanistan verkündet hatte.

„Mein ursprünglicher Instinkt war es, abzuziehen. Und eigentlich folge ich gern meinen Instinkten“, sagte der Präsident am Montagabend, als er sich mit einer Fernsehansprache an die Nation wandte. „Aber mein Leben lang habe ich gehört, dass Entscheidungen ganz anders sind, wenn man hinterm Schreibtisch im Oval Office sitzt.“

Er habe seine Meinung geändert, weil er nicht wiederholen wolle, was die USA 2011 mit einem übereilten Rückzug aus dem Irak an Fehlern begangen hätten. Dort sei das Vakuum von einer Terrorgruppe namens ISIS gefüllt worden, blendet er zurück auf den Aufstieg des „Islamischen Staats“. In Afghanistan würde Ähnliches geschehen, auch dort würden Terroristen nach einem überhasteten Abzug das Vakuum ausfüllen. Allerdings dürfe seine Kursänderung nicht als Blankoscheck verstanden werden, fügt Trump relativierend hinzu. Zu lange habe sich amerikanische Außenpolitik darauf konzentriert, Staaten nach amerikanischem Vorbild aufzubauen, statt eigene Sicherheitsinteressen an erste Stelle zu setzen. „Ich teile den Frust des amerikanischen Volkes“, sagt er, erkennbar um einen Spagat bemüht, darum, das isolationistische „America first“ seines Wahlkampfes mit der komplizierten Realität zu versöhnen. Er sei ein Mann, der Probleme zu lösen verstehe. Man werde diesen Krieg gewinnen.

Wie genau der längste Krieg der amerikanischen Geschichte gewonnen werden soll, lässt er allerdings im Ungefähren. „Wir bauen keine Nationen mehr auf, wir töten Terroristen“, umreißt er den eher minimalistischen Kern seines Konzepts. Auf lange Sicht könne man sich eine politische Regelung vorstellen, die „Elemente der Taliban“ einbeziehe, deutet er diplomatische Sondierungen an, ohne Einzelheiten zu nennen. Bei Barack Obama klang das einst nicht viel anders. Neu ist nur, mit welch scharfen Worten Trump die Regierung Pakistans attackiert. Man könne es nicht länger hinnehmen, dass Pakistan Terrorgruppen und den Taliban in sicheren Häfen Unterschlupf biete, während man dem Land Milliarden zahle. „Das muss sich ändern, und es wird sich unverzüglich ändern.“

In welcher Größenordnung das US-Kontingent aufgestockt werden soll, auch das lässt Trump im Vagen. Kongressabgeordnete haben erfahren, dass demnächst etwa 4000 Soldaten nach Afghanistan beordert werden sollen, zusätzlich zu den 8400, die dort bereits stationiert sind. Der Staatschef dagegen betont, er werde weder über Truppenstärken noch über militärische Pläne öffentlich reden. „Ich werde nicht sagen, wann wir angreifen, aber angreifen werden wir.“ Im Übrigen müssten die Verbündeten einen größeren Beitrag leisten, auch in Afghanistan. Er werde die Nato-Alliierten ebenso wie „globale Partner“ auffordern, seine neue Strategie in einem Maße mit Truppen und Geld zu unterstützen.

Viel Getöse, wenig Substanz: So lässt sich zusammenfassen, wie Trumps parlamentarische Gegner den Auftritt charakterisieren. Offensichtlich habe der Präsident keinen Plan, auch wenn er das Gegenteil behaupte, kritisiert Nancy Pelosi, die ranghöchste Demokratin im Repräsentantenhaus. Der Einsatz am Hindukusch dürfe nicht endlos sein, daher stehe er in der Pflicht, einen Fahrplan für den Rückzug zu skizzieren. Führende Konservative zeigen sich dagegen ausgesöhnt mit dem Mann, der die US-Präsenz in Kabul oder Kandahar einst als pure Geldverschwendung angeprangert hatte. Trump bewege sich in die richtige Richtung, lobt der republikanische Senator John McCain. Er lasse die gescheiterte Strategie seines Amtsvorgängers hinter sich.

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