Toter Botschafter nach Moskau überführt

Moskau/Istanbul (dpa) · Das Attentat auf Russlands Türkei-Botschafter soll die bilateralen Beziehungen nicht trüben. Moskau und Ankara trauern gemeinsam. Doch in Russland ist auch Kritik zu hören. Hält die neue Harmonie?

Der ermordete russische Botschafter in der Türkei ist zurück in seine Heimat geflogen worden. Am Moskauer Flughafen Wnukowo empfingen am Dienstagabend der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu den Sonderflug aus Ankara.

Soldaten salutierten am Sarg des toten Diplomaten.

Zugleich entsandte Russland 18 Ermittler in die türkische Hauptstadt. Die Experten von Geheimdienst, Polizei und Außenministerium sollen gemeinsam mit türkischen Kollegen den Mord an dem Diplomaten untersuchen und nach den Drahtziehern fahnden. Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Agenturangaben.

Botschafter Andrej Karlow war am Montagabend bei der Eröffnung einer Ausstellung in Ankara von einem türkischen Polizisten hinterrücks erschossen worden. Der 22-jährige Attentäter wurde danach von Spezialkräften getötet.

Cavusoglu kündigte eine lückenlose Aufklärung der Bluttat an. „Wir müssen herausfinden, was oder wer hinter diesem verräterischen, niederträchtigen Anschlag steckt. Und das werden wir gemeinsam schaffen“, sagte er bei einem Treffen mit Lawrow in Moskau.

Präsident Wladimir Putin ordnete wegen der Anschläge in Ankara und Berlin verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an diplomatischen Vertretungen in Russland und russischen Auslandsvertretungen an. US-Außenminister John Kerry sprach Lawrow in einem Telefonat sein Beileid wegen des Attentats aus. Auch Papst Franziskus übermittelte nach Vatikan-Angaben der russischen Regierung sein Beileid.

Die Hintermänner des Attentats wollten einen Keil zwischen Moskau und Ankara treiben, sagte Kremlsprecher Peskow. Dies werde aber nicht gelingen. „Der Mord kann die Bemühungen Russlands und der Türkei, eine Friedensregelung für Syrien zu finden, in keiner Weise stören.“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in Istanbul: „Wir werden niemals erlauben, dass unsere Beziehungen zu Russland zerstört oder geschädigt werden.“ Trotz des Anschlags verhandelten die Außen- und die Verteidigungsminister aus Russland, der Türkei und dem Iran am Dienstag in Moskau über den Syrien-Krieg.

Die türkische Polizei nahm mehrere Familienmitglieder des getöteten Attentäters fest. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, darunter seien der Vater, die Mutter, die jüngere Schwester und zwei weitere Verwandte. Außerdem sei ein Onkel festgenommen worden, der eine leitende Funktion in einer Schule gehabt habe, die bei Ermittlungen gegen die Gülen-Bewegung geschlossen worden sei.

Die Regierung in Ankara wirft der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen vor, für den Putschversuch in der Türkei von Mitte Juli verantwortlich gewesen zu sein.

Am Flughafen in Ankara verabschiedeten Vertreter der türkischen Regierung, Diplomaten und religiöse Würdenträger den toten Botschafter. Die Witwe Karlows nahm unter Tränen Abschied von ihrem ermordeten Ehemann, wie im Fernsehen zu sehen war. Beim Weg zum Sarg, auf dem eine russische Flagge lag, wurde sie von ihrem Sohn begleitet.

Das russische Außenministerium warnte vor Reisen in das beliebte Urlaubsland Türkei. „Jeder sollte vor einer Türkeifahrt ernsthaft nachdenken, weil es dort fast täglich zu Terrorakten kommt“, sagte Vizeaußenminister Oleg Syromolotow. Ähnlich äußerte sich der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Föderationsrat, Konstantin Kossatschjow. Es gebe „eine Reihe kritischer Fragen“ an Ankara.

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