Pandemie Studie rechnet mit 2,3 Millionen Corona-Infizierten in Spanien

Madrid · Schon seit Wochen warnen Experten, dass Spaniens offizielle Corona-Statistik wenig über die tatsächliche Menge der Infizierten aussagt. Nun bestätigte eine landesweite repräsentative Studie des spanischen Gesundheitsministeriums den Verdacht: Es gibt in Spanien rund zehnmal mehr Infizierte als durch die amtlichen Zahlen erfasst.

 Gesundheitssystem am Limit: In vielen spanischen Krankenhäusern konnten selbst Ärzte und Pfleger nur unzureichend auf das Corona-Virus getestet werden.

Gesundheitssystem am Limit: In vielen spanischen Krankenhäusern konnten selbst Ärzte und Pfleger nur unzureichend auf das Corona-Virus getestet werden.

Foto: AP/Alvaro Barrientos

Der Studie zufolge steckten sich im Königreich bisher rund 2,3 Millionen Menschen, etwa fünf Prozent der Bevölkerung, mit dem Virus Sars-CoV-2 an.

Für die Untersuchung, die in den nächsten Wochen noch ausgeweitet werden soll, wurden in den letzten Wochen mehr als 60 000 Menschen aus allen Landesteilen auf Corona-Antikörper getestet. Mit der flächendeckenden Forschungsarbeit soll das wahre Ausmaß der Epidemie in dem südeuropäischen Land ausgelotet werden.

Hintergrund ist, dass Spaniens Gesundheitssystem wochenlang darunter litt, nur eine vergleichsweise geringe Testkapazität zu haben. Was dazu führte, dass nicht einmal erkrankte Ärzte und Pfleger in Hospitälern und Altenheimen konsequent getestet werden konnten. Deswegen wurden Krankenhäuser und Heime in Spanien zu gefährlichen Infektionsherden.

Im Ballungsraum Madrid, Spaniens schlimmstem Corona-Brennpunkt, infizierten sich der Untersuchung zufolge mehr als elf Prozent der Bevölkerung. In der nordspanischen Metropole Barcelona, Spaniens zweitem großen Corona-Hotspot, sind es sieben Prozent. Die spanischen Urlaubsinseln im Mittelmeer und im Atlantik kamen derweil vergleichsweise glimpflich davon. Laut Immunitätsstudie infizierten sich auf Mallorca und den übrigen umliegenden Baleareninseln nur 2,4 Prozent der Einwohner. Auf der drei Flugstunden vom spanischen Festland liegenden Kanareninsel Teneriffa sind es nur 2,1 und auf der Nachbarinsel Gran Canaria sogar nur 1,4 Prozent.

Spaniens amtliche Corona-Statistik erfasste bis zum Donnerstag insgesamt 229 540 Krankheitsfälle – 506 Infektionen mehr als am Vortag. Nun ist es also amtlich, dass diese Angaben nur etwas über Spaniens Testkapazität aussagen, aber nicht das wirkliche Ausmaß der Corona-Epidemie widerspiegeln.

Die gleiche Einschränkung gilt für Spaniens offizielle Angabe zu den Toten, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus starben. Die Behördenstatistik wies am Donnerstag 27 321 Todesopfer aus; 217 mehr als am Vortag. Nicht mitgezählt wurden die vielen tausend Toten, die mit Corona-Symptomen in Spaniens Altenheimen oder zu Hause starben. Meist ohne lebensrettende Maßnahmen, weil viele Hospitäler auf dem Höhepunkt der Corona-Krise überlastet waren. Was vielerorts dazu führte, dass ältere Patienten über 80 nicht von den Krankenhäusern aufgenommen wurden.

Ein Drama, dessen Tragweite bisher noch nicht offiziell untersucht wurde. Aber nach Angaben, die von spanischen Medien verbreitet wurden, starben allein in Spaniens Altenheimen in den letzten Wochen rund 18 000 Bewohner mit Corona-Symptomen, sodass die Gesamtzahl in Spanien auf 45 000 steigen könnte. Damit wäre Spanien das europäische Land mit den meisten Epidemie-Opfern.

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