Trump betritt als erster US-Präsident nordkoreanischen Boden Gemeinsame Schritte für die Geschichtsbücher

Panmunjom · US-Präsident Donald Trump betritt als erster US-Präsident nordkoreanischen Boden, schüttelt Machthaber Kim die Hand und parliert mit ihm: Doch Kritiker bezweifeln, dass den großen Bildern auch Taten folgen.

  US-Präsident Donald Trump legte gemeinsam mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un nur wenige Schritte auf nordkoreanischem Territorium zurück. Trotzdem wird dem Akt große Symbolkraft zugesprochen.

US-Präsident Donald Trump legte gemeinsam mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un nur wenige Schritte auf nordkoreanischem Territorium zurück. Trotzdem wird dem Akt große Symbolkraft zugesprochen.

Foto: dpa/-

Eine Twitternachricht, 24 Stunden hektische Diplomatie und ein Schritt für die Geschichtsbücher der Weltpolitik: Donald Trump hat gestern als erster US-Präsident im Amt nordkoreanischen Boden betreten. Im innerkoreanischen Grenzort Panmunjom überschritt er die Grenze von Süd- zu Nordkorea, ging rund 20 Schritte auf nordkoreanischem Boden und schüttelte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un voller Symbolkraft die Hand. Kurz darauf schritt Kim an der Seite Trumps über die Grenzlinie ins südliche Nachbarland, mit dem Nordkorea trotz des Waffenstillstands von 1953 aus völkerrechtlicher Sicht immer noch im Kriegszustand ist. Schließlich setzten sich beide auf südkoreanischer Seite zu einem fast einstündigen Gespräch zusammen.

US-Medien sprachen von einer „Romanze“ der beiden ungleichen Politiker, die – nach dem Austausch zweier „Liebesbriefe“ in den vergangenen Monaten – nun einen neuen Höhepunkt erreicht habe. Beide betonten ihr gutes persönliches Verhältnis, das Kim als „exzellent“ beschrieb. Trump verkaufte die Aktion als Spontantreffen, erst am Samstag sei er auf die Idee gekommen. „Hey, wir sind hier“, habe er sich auf dem G20-Gipfel im japanischen Osaka gedacht, knapp zwei Flugstunden von Südkoreas Hauptstadt Seoul entfernt. Dann könne man sich ja auch treffen. Dann habe er via Twitter eine entsprechende Einladung an Kim ausgesprochen. „Es kann ein sehr wichtiger Schritt sein, oder auch nicht“, sagte Trump schon vor dem historischen Treffen, dessen Zustandekommen in der internationalen Diplomatie einmalig sein dürfte, sofern die Darstellung Trumps stimmen sollte.

Möglicherweise könnte die Begegnung von Panmunjom zu einem dritten Gipfel der beiden Politiker führen – nach den Zusammenkünften in Singapur im Jahr 2018 und in Hanoi im Februar dieses Jahres. Unter Umständen findet eine Neuauflage sogar im Weißen Haus in Washington statt – das wäre ein neuerlicher symbolhafter Meilenstein in den bisher quasi nicht vorhandenen Beziehungen beider Länder. Trump, Südkoreas Präsident Moon Jae In und wohl auch Kim wollen den festgefahrenen Gesprächen zur Atomabrüstung Nordkoreas wieder mehr Schwung geben. Persönliche Begegnungen sollen das Eis brechen.

Tatsächlich ist die US-Diplomatie in Sachen Nordkorea schon seit Wochen hochaktiv. Gleich mehrmals in wenigen Wochen traf sich Trump mit Japans Ministerpräsident Shinzo Abe, um über Nordkorea zu reden. Auch auf Arbeitsebene drehten sich die Räder: Der Sondergesandte des US-Außenministeriums, Stephen Biegun, führte unzählige Gespräche in Asien, zuletzt in Korea selbst. Der Flug in die entmilitarisierte Zone, die die Koreanische Halbinsel in Nord- und Südkorea aufteilt, sei schon „lange geplant“ gewesen, gab Trump gestern selbst zu.

Fragen kamen auf über den Wert der Begegnung, die nur wenige Minuten dauern sollte, dann aber doch in ein 53 Minuten langes Gespräch mündete. Vor allem dürfte Trump die weltpolitisch spektakulären Bilder im Kopf gehabt haben, als er sich zu dem ungewöhnlichen Schritt, den noch kein US-Präsident vor ihm gewagt hatte, entschied. Panmunjom war daher auch ein Paradebeispiel für die Trumpsche Selbstinszenierung.

Doch bringt das den Prozess der Atomabrüstung in Nordkorea tatsächlich weiter? Dazu bräuchte es konkrete Maßnahmen Pjöngjangs, etwa beim Abbau von Atomanlagen. Absehbar ist das derzeit nicht. „Wenn anschließend nichts passiert, dann war es bloß Theater“, sagte der frühere US-Sonderbeauftragte für Nordkorea, Joseph Yun.

Trump wiederholt sein Mantra, das er in Bezug auf alle internationalen Krisen herunterspult: „Ich habe keine Eile.“ Es müsse nicht schnell gehen mit dem Fortschritt in Nordkorea. „Wer hastet, der bringt sich in Schwierigkeiten“, betonte er. Dasselbe sagt er zur Bewältigung der Krise im Iran oder zu einer Lösung des Handelskonflikts mit China. Auch den Nordkorea-Konflikt will er vor allem mit Hilfe der Wirtschaftskraft der USA lösen: Er verspricht blühende Landschaften in dem teils bitterarmen Land. Es gebe viele Grundstücke direkt an der Küste, die hervorragend zu vermarkten seien, argumentiert der frühere Immobilienmogul Trump.

In Nordkorea sei viel passiert, sagt Trump in einem der ernsteren Momente an diesem Sonntag. Wenn er nicht vor zweieinhalb Jahren US-Präsident geworden wäre, hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit Krieg gegeben, äußert er. In jedem Fall dürfte gelten: Ohne die von Trump – vor allem über Südkoreas Präsidenten Moon – begonnene Entspannungspolitik wäre die Lage auch nicht besser. Und die Gefahr eines noch massiveren Konflikts wohl größer. Kim sprach von einer „Gelegenheit“, die ohne das exzellente Verhältnis der beiden so verschiedenen Männer nicht möglich gewesen wäre.

Auch für Südkoreas Moon, der sich in Panmunjom auffällig im Hintergrund hielt, ist die Mission heikel. Kim will mit den USA alleine und auf Augenhöhe verhandeln, eine Vermittlerrolle Seouls oder anderer Regierungen lehnt er ab. In Südkorea und auch im benachbarten Japan regen sich Stimmen, die die Politik der Annäherung für gefährlich halten. Das stalinistische Nordkorea werde sich nie ändern und sein Faustpfand, die Atomwaffen, niemals völlig aus der Hand geben. Alles andere wäre demnach eine Selbstaufgabe des Systems. Andere betonen, wie wichtig der Dialog für den Friedensprozess sei.

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