Illegaler Tierhandel Skrupelloses Geschäft mit Tieren in Europa

Brüssel · In der EU blüht der illegale Handel mit Hundewelpen, Hauskatzen sowie Großkatzen und Schlangen. Viele der Tiere sind ungeimpft und krank. Brüssel will dem Treiben entschlossen einen Riegel vorschieben.

 Oft werden Welpen viel zu früh von ihrer Mutter getrennt, um sie in der EU zum Verkauf anzubieten.

Oft werden Welpen viel zu früh von ihrer Mutter getrennt, um sie in der EU zum Verkauf anzubieten.

Foto: Getty Images/ iStockphoto/MirasWonderland

Bei eBay hat man schon gelernt. Wer dort in den Kleinanzeigen nach einem Hund oder einer Katze sucht, erhält bereits den Hinweis: „Schütze dich vor unseriösem Tierhandel“ – ergänzt durch einige Tipps, die Tierschützer zusammengestellt haben. Doch das ist den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes in Straßburg zu wenig.

Am heutigen Mittwoch werden sie die EU-Kommission auffordern, „entschiedene und wirksame Maßnahmen“ zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Heimtieren zu ergreifen – ausdrücklich sollen auch zu Hause gehaltene Wildtiere wie Großkatzen oder Schlangen einbezogen werden. Die europäische Volksvertretung spricht von „schätzungsweise 46 000 Hunden, die jeden Monat zwischen den EU-Ländern gehandelt werden – die meisten ohne Registrierung“. Veterinärmediziner sowie der Deutsche Tierschutzbund oder die Stiftung „Vier Pfoten“ sprechen sogar von 500 000 Tieren, die häufig aus dem Mittelmeerraum und Osteuropa nach Deutschland gelangen. Ein Fall aus dem Alltag der bayerischen Autobahnpolizei: Bei der Durchsuchung eines Kleintransporters auf der A 8 bei Dachau wurden zwei Welpen völlig ungesichert in einem offenen Karton bemerkt. Der Fahrer gab an, er bringe die Tiere nach Spanien zu einem Freund, der sie seinen Kindern zu Weihnachten schenken wolle. Die Welpen waren krank, nicht geimpft, von Läusen befallen und nach Schätzung von Experten erst fünf bis sechs Wochen alt – also viel zu früh von ihrer Mutter getrennt worden. Eine Trennung vom Muttertier ist erst deutlich später erlaubt. Polizei und Tierschützer sprechen inzwischen von einem Jahresumsatz der kriminellen Banden, der an das Geschäft mit Drogen heranreicht.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes hatten schon 2016 versucht, die Notbremse zu ziehen und ein EU-System zur Registrierung von Haustieren gefordert. Tatsächlich sind die geltenden Regeln im Kampf gegen die Welpen-Mafia streng gemeint, blieben aber letztlich nicht effektiv: Jeder exportierte Hund und alle gehandelten Katzen müssen einen Chip bekommen und in einer europäischen Datenbank registriert sein. Damit können Käufer ersehen, wer der vorherige Besitzer war und ob die vorgeschriebenen Impfungen verabreicht wurden. Doch solche Nachweise wurden im großen Stil gefälscht.

Hinzu kommt, dass die bestehenden Datenbanken in den Mitgliedstaaten häufig nicht kompatibel sind, so dass EU-weite Abfragen nur in wenigen Fällen zu verlässlichen Informationen führen. Das Ergebnis, so heißt es in Straßburg, seien „schreckliche Zustände“ in sogenannten Zuchtbetrieben – häufig in den östlichen Mitgliedstaaten. Fruchtbar gespritzte Rüden, die nur gebraucht werden, um möglichst viele Muttertiere zu decken. Denen wiederum würden die Welpen viel zu früh weggenommen, die Mütter „entsorgt“. Von „Qualzucht“ ist die Rede.

Außerdem sind die nicht geimpften Jungtiere häufig nicht gesund und schleppen Krankheiten in die EU ein, die in der Union nicht vorkamen oder zumindest selten waren. Dazu zählt beispielsweise der orientalische Augenwurm, der früher nur in China und in Ostrussland bekannt war und der mittlerweile auch in der Bundesrepublik nachgewiesen wurde. Er lebt im Auge von Hunden und anderen Haustieren und kann auf den Menschen übertragen werden. 70 Prozent aller neuen Krankheiten, die man in den zurückliegenden Jahrzehnten beim Menschen nachweisen konnte, wurden von Tieren übertragen, heißt es in den Unterlagen des Parlamentes.

Ende Januar beschloss der Umweltausschuss, schärfere Maßnahmen von der Brüsseler Kommission einzufordern. Zum einen soll die Registrierung von Hunden und Katzen für alle EU-Staaten verpflichtend werden – ob das auch für andere Heimtiere gelten soll, will Brüssel noch prüfen. Bereits vorhandene Datenbanken müssen untereinander kompatibel gemacht werden, neue haben diesen Standard zu übernehmen. Außerdem drängt die Abgeordnetenkammer auf eine einheitliche Definition gewerblicher Zuchtbetriebe, da die heutigen Unterschiede in den Tierschutzstandards von illegalen Züchtern ausgenützt würden. Der Käufer könnte dann künftig ein Register zugelassener und zertifizierter Züchter und Verkäufer von Heimtieren nutzen, um sich vorab zu informieren. Der Handlungskatalog enthält darüber hinaus deutlich härtere Strafen für Ärzte, Behörden, Züchter und Händler, die sich an den illegalen Handel beteiligen. Im Übrigen, so betonen die Abgeordneten in ihrer Entschließung vom Dienstag, sollten Verbraucher überlegen, ob sie nicht lieber einen neuen Liebling aus einem Heim adoptieren, anstatt ihn zu kaufen.

Dass die Europäische Kommission den Vorschlag aufgreifen wird, scheint sicher. Bereits während der nächsten Plenarwoche des Abgeordnetenhauses im März will das Team von Präsidentin Ursula von der Leyen einen Entwurf für ein Tiergesundheitsrecht vorlegen. Er soll alle Vorschriften zur Bekämpfung des illegalen Handels enthalten.

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