Regierungskrise eskaliert weiter Vorerst kein Misstrauensvotum in Italien

Rom · Vizepremier Matteo Salvini hält die Spannung aufrecht. Statt auf den ersehnten Abgang des Ministerpräsidenten zu warten, prescht er mit Drohungen vor.

 Italiens Innenminister Matteo Salvini (M.), Chef der rechten Lega, dringt in der Hoffnung auf baldige Neuwahlen auf den Rücktritt von Regierungschef Giuseppe Conte.

Italiens Innenminister Matteo Salvini (M.), Chef der rechten Lega, dringt in der Hoffnung auf baldige Neuwahlen auf den Rücktritt von Regierungschef Giuseppe Conte.

Foto: dpa/Fabio Cimaglia

In der Regierungskrise in Italien muss der Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, einen Rückschlag hinnehmen: Ministerpräsident Giuseppe Conte wird sich nicht, wie von ihm verlangt, in dieser Woche im Senat einem Misstrauensvotum stellen. Stattdessen wurde im Senat am Dienstagabend festgelegt, dass Conte am kommenden Dienstag, 20. August, um 15 Uhr über die Regierungskrise Bericht erstatten muss. Anschließend könne alles passieren, sagte eine Sprecherin des Senats auf Anfrage. Eigentlich war erwartet worden, dass es dann ein Misstrauensvotum – wie es von der Lega eingereicht worden war – gegen den Ministerpräsidenten gibt. Dies geht aus der Agenda des Senats aber nicht hervor.

Die rechte Lega hatte vergangene Woche einen Misstrauensantrag angekündigt, nachdem Salvini das Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung in die Krise gestürzt hatte. Salvini fordert rasch eine Neuwahl, von der vor allem er profitieren würde. Über die kann Staatspräsident Sergio Mattarella aber erst entscheiden, wenn der Regierungschef seinen Rücktritt eingereicht hat. Das ist bislang nicht geschehen.

Deshalb ist auch der Termin des Misstrauensvotums entscheidend für den weiteren Zeitplan auf dem Weg zu einer möglichen Neuwahl. Je später es stattfindet, desto später würde der Premier (sofern der Senat ihm das Vertrauen entzieht) seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella einreichen. Dieser muss dann die weiteren Schritte festlegen. Zunächst dürfte sondiert werden, ob es eine alternative Mehrheit im Parlament gibt. Ist das nicht der Fall, löst Mattarella die beiden Parlamentskammern – den Senat und das Abgeordnetenhaus  auf. 60 Tage später könnte eine Neuwahl angesetzt werden. So viel Zeit braucht es mindestens, um die Wahl zu organisieren.

Salvini muss sich also in Geduld üben – doch der Lega-Chef lässt jeden Tag aufs Neue wissen, dass er keine Zeit verlieren will. Er demonstriert Tatendrang: Unlängst erklärte er, dass die Lega schon einen Haushalt für das kommende Jahr entworfen habe. Außerdem belebt er seine Wahlkampf-Allianz von vergangenem Jahr wieder: Medienberichten zufolge war für Dienstag ein Treffen mit Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der Chefin der rechtsnationalen Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni, geplant. Nach derzeitigen Umfrageergebnissen hätte Salvini bei einer Wahl mit diesem Bündnis die Mehrheit im Parlament sicher.

Seit Monaten verzeichnet Salvinis Lega ein Umfragehoch. Ein Votum der Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein von der Lega unterstütztes Bahnprojekt nahm der Parteichef am vergangenen Donnerstag zum Anlass, die Koalition aufzukündigen.

Doch Salvini wittert Widerstand gegen seinen Plan einer raschen Neuwahl und befeuert die Spekulationen über eine mögliche Absprache zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den verhassten Sozialdemokraten der PD. Einigkeit hatten diese – gemeinsam mit den linksgerichteten Liberi e Uguali – bereits am Montag bei der Sitzung der Fraktionsvorsitzenden im Senat gezeigt und sich dafür ausgesprochen, dass in der kommenden Woche das Misstrauensvotum stattfindet.

Vor allem Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi dringt auf eine Anti-Salvini-Allianz. Er spricht sich für eine Übergangsregierung aus, die den Haushalt verabschiedet und dann zur Wahl führt. Doch der Chef der Sozialdemokraten, Nicola Zingaretti, warnte, dass dies den Rechten weiter in die Hände spielen könnte.

PD-Senatorin Laura Garavini kritisierte im Bayerischen Rundfunk Salvinis Verhalten in der Regierungskrise. „Es geht nicht, dass er verlangt (...), dass das Parlament das tut, was er will“, sagte Garavini. Die Institutionen hätten ihren Wert. „Salvini kann so sagen und tun, was er will, aber er schafft es nicht, das zu kriegen, was er möchte.“

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