US-Botschafter Grenell Trumps Mann in Berlin wird Geheimdienstler

Washington · Die Bestätigung folgte, wie so oft bei Donald Trump, über Twitter. Er freue sich, bekannt geben zu können, dass der hochgeschätzte Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, neuer kommissarischer Geheimdienstkoordinator werde, schrieb der US-Präsident.

 Richard Grenell wird Geheimdienstkoordinator in Washington – bleibt aber auch US-Botschafter in Berlin.

Richard Grenell wird Geheimdienstkoordinator in Washington – bleibt aber auch US-Botschafter in Berlin.

Foto: dpa/Sven Hoppe

„Rick hat unser Land überaus gut vertreten, und ich freue mich darauf, mit ihm zu arbeiten.“

Zu dem Zeitpunkt, am Mittwochabend, hatte das Gerücht über die bevorstehende Ernennung längst die Runde gemacht. Es war nicht das erste Mal, dass Grenell für ein höheres Amt gehandelt wurde. Vor zwölf Monaten hieß es, er wechsle womöglich von Berlin nach New York, um die Leitung der UN-Botschaft der USA zu übernehmen und damit ins Kabinett aufzurücken. Damals stimmte es nicht, jetzt schon.

Befördert wird ein Diplomat, der seine Rolle ganz anders interpretierte, als es der Verhaltenskanon der diplomatischen Praxis nahelegt. Ein Botschafter, der sich eher als ideologischer Vorkämpfer verstand, weniger als zurückhaltender, parteipolitisch neutraler Interessenvertreter seines Landes. „Ich möchte andere Konservative in Europa, andere Anführer, definitiv stärken“, sagte Grenell der rechtspopulistischen Online-Plattform Breitbart, nachdem er im Frühjahr 2018 in Deutschland gelandet war. Es gebe eine Grundströmung konservativer Politik, die sich durchsetze, weil die Politik der Linken gescheitert sei.

Bereits an seinem ersten Amtstag hatte er für Unmut gesorgt, als er via Twitter mitteilte, deutsche Firmen, die im Iran tätig seien, sollten ihre Geschäfte sofort herunterfahren. Schon das rieb sich an den Gepflogenheiten der Diplomatie, nach denen man dem Gastgeber keine Lektionen erteilt. Von da an brachte Grenell immer wieder polemisch zur Sprache, was auch Trump den Deutschen ankreidete. Dass sie zu wenig Geld in ihr Militär steckten, in der Nato finanzielle Zusagen nicht einhielten, dass sie trotz des Ausstiegs der USA am Nukleardeal mit Iran festhielten und Huawei nicht vom Ausbau des G 5-Netzes ausschlössen. Grenell, schreibt die New York Times in einer Bilanz, habe gleichwohl auch Erfolge vorzuweisen. So habe er Deutschland dazu gebracht, künftig mehr Flüssiggas aus den USA zu importieren.

Wie Trump scheute der angriffslustige Botschafter nicht davor zurück, den Medien „Fake News“ vorzuwerfen. Erst im Januar forderte er die Washington Post auf, einen Bericht zurückzuziehen, der nach seinen Worten auf erfundenen Quellen beruhte. Der Zeitung zufolge soll das Weiße Haus mit Zöllen auf Autoimporte aus Europa gedroht haben, falls die EU nicht auf einen härteren Kurs gegenüber Teheran einschwenkt. Und als der ratlos wirkende Justizminister William Barr neulich klagte, wenn Trump sich ständig twitternd in juristische Angelegenheiten einmische, könne er seinen Job nicht machen, sprang Grenell Trump zur Seite.

Eine solche Loyalität steht beim Präsidenten hoch im Kurs, nach dem Treueprinzip hat er sein Kabinett umgebaut. Das Muster erklärt auch den Aufstieg Grenells. Bis Juli war Dan Coats „Director of National Intelligence“, der die Arbeit der 16 US-Geheimdienste koordiniert Doch er hatte bei einer Anhörung im Kongress den Fehler begangen, die Erfolgsaussichten der Atomverhandlungen mit Nordkorea deutlich skeptischer zu beurteilen als Trump.

Auf Coats folgte kommissarisch Joseph Maguire, der vom Senat indes nicht bestätigt wurde. Nun folgt Grenell, wie sein Vorgänger zunächst nur übergangsweise, bis der Senat über die Stelle entschieden hat. Seinen Posten in Berlin soll Grenell aber behalten. Der US-Botschafter in Deutschland wird also zumindest für einige Monate seinen Arbeitsplatz in Washington haben.

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