Zahlreiche Manipulationsversuche Regionalwahl in Russland ist wichtiger Stimmungstest für Putin

Moskau · Nach dem Ausschluss Dutzender Oppositioneller haben Moskau und andere Regionen Russlands neue Volksvertreter gewählt. Beobachter sprachen am Sonntag bei teils geringer Wahlbeteiligung von zahlreichen Verstößen bei der Abstimmung in den 85 Regionen des Landes.

 Viel Gegenwind für den Kremlchef: Wladimir Putin gibt in Moskau seine Stimme ab.

Viel Gegenwind für den Kremlchef: Wladimir Putin gibt in Moskau seine Stimme ab.

Foto: dpa/Yuri Kadobnov

Die Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene galten als wichtiger Stimmungstest für Kremlchef Wladimir Putin und die Regierungspartei Geeintes Russland. Die Kremlpartei wollte ihre Macht trotz schlechter Umfragewerte verteidigen. Aussagekräftige Ergebnisse werden an diesem Montag erwartet. Oppositionelle wie der Anti-Korruptions-Kämpfer Alexej Nawalny riefen zu einer Protestwahl gegen die Kremlpartei auf. Er empfahl eine „smarte Stimmabgabe“. Damit sollten gezielt andere Kandidaten als die der Kremlpartei gewählt werden. Die Bürger sollten alles wählen außer die regierende Partei, deren „Gauner und Diebe“ keine Konkurrenz zugelassen hätten, sagte auch die Moskauer Politikerin Ljubow Sobol am Sonntag im Wahllokal. Sobol, die zu Nawalnys Team gehört, war wie Dutzende andere Politiker wegen angeblicher Formfehler als Kandidatin nicht zugelassen.

Bei den Protesten kam es in den vergangenen Wochen zu massiver Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten. Am Samstag kamen die bekannte Aktivistin Nadeschda Tolokonnikowa und weitere Mitglieder der Punkband Pussy Riot vorübergehend in Polizeigewahrsam. Sie wollten in der Stadt ein Banner mit der Aufschrift „Putin, geh von selbst!“ aufhängen.

Der Kremlchef gab in Moskau seine Stimme ab. Auf die Frage, ob er sich nicht mehr Vielfalt wünsche, sagte Putin bei der Stimmabgabe, dass nicht die Zahl der Kandidaten, sondern die Qualität ihrer Arbeit wichtig sei. Umfragen hatten für die Kremlpartei zuletzt massive Verluste vorhergesagt. Groß ist die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage im Land etwa wegen des Mangels an Arbeitsplätzen und wegen niedriger Löhne. Kremlkritische Medien hatten unter Berufung auf behördennahe Kreise berichtet, dass die Umfragen für die offiziellen Kandidaten des Machtapparats so schlecht gewesen seien, dass keine Konkurrenz zugelassen werden sollte.

Beobachter der Menschenrechtsorganisation Golos berichteten von zahlreichen Manipulationsversuchen im ganzen Land. So seien Mitarbeiter von Staatsbetrieben zur Abstimmung gezwungen und teils in Bussen an die Wahlurnen transportiert worden. Im Internet kursierten Fotos mit massenweise vorausgefüllten Stimmzetteln für Kandidaten der Kremlpartei.

Gewählt wurde zudem auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Die Abstimmung wird international nicht anerkannt, weil das Gebiet laut Völkerrecht zur Ukraine gehört. Die EU und die USA haben gegen Russland wegen der Annexion der Krim Sanktionen verhängt. 

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