Historische Ansprache der britischen Königin Emotionale Queen schwört ihr Volk ein

London · Gerade hat Königin Elizabeth II. eine historische Ansprache an ihr Volk gerichtet, da trifft die Nachricht ein: Premier Johnson ist im Krankenhaus. Wird er vom Coronavirus außer Gefecht gesetzt?

 Erst zum vierten Mal, abgesehen von Weihnachtsansprachen, hat sich die Queen vor laufender Kamera an ihr Volk gewandt. In Zeiten der Corona-Krise ruft die Monarchin die Briten zu Geschlossenheit auf.

Erst zum vierten Mal, abgesehen von Weihnachtsansprachen, hat sich die Queen vor laufender Kamera an ihr Volk gewandt. In Zeiten der Corona-Krise ruft die Monarchin die Briten zu Geschlossenheit auf.

Foto: dpa/Buckingham Palace

Eigentlich sollten die Briten am Sonntagabend mit den mitfühlenden wie aufmunternden Worten von Königin Elizabeth II. aus einem weiteren Wochenende im Lockdown verabschiedet werden. „Es werden wieder bessere Tage kommen, wir werden mit unseren Freunden vereint sein, wir werden mit unseren Familien vereint sein“, versicherte die Queen in ihrer Rede an die Nation, in der sie angesichts der Coronavirus-Krise zum Durchhalten aufrief und mit einer Zeile aus einem berühmten britischen Lied aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs schloss: „We will meet again“ („Wir werden uns wiedersehen.“) Doch nur wenige Minuten nach der als historisch bezeichneten Ansprache wurde bekannt, dass Premierminister Boris Johnson ins Krankenhaus eingeliefert worden war.

Der Regierungschef wurde bereits vor knapp zwei Wochen positiv auf Covid-19 getestet, er befand sich seitdem in seinem Amtssitz in der Downing Street in Quarantäne. Stets hieß es, dass er lediglich unter milden Symptomen leide, auch wenn in der letzten Videobotschaft deutlich zu erkennen war, dass es Johnson alles andere als gut ging. Laut einer Zeitung habe der Premier bei virtuellen Konferenzen mit seinem Team in den vergangenen Tagen pausenlos „gekeucht und gehustet“.

Nun ist der 55-Jährige in einer Londoner Klinik, eine reine „Vorsichtsmaßnahme“, hieß es beschwichtigend in einer offiziellen Regierungserklärung. Auf Anordnung seines Arztes würde sich der fiebrige Premier Tests unterziehen. Gleichwohl leite er weiterhin die Regierungsgeschäfte. Geht das in dieser nationalen Notfallsituation? Berichten zufolge habe Johnson eine Sauerstoffbehandlung erhalten. Der Premier meldete sich gestern via Twitter und schrieb, er sei in „guter Stimmung“. Es dürfte in der gegenwärtigen Lage kaum ausreichen. Ein konservativer Staatssekretär meinte, Johnson sei „fit genug“, um das Land auch vom Krankenbett aus zu führen.

 Doch im Königreich wachsen die Zweifel angesichts der sich zuspitzenden Coronavirus-Krise. Bis Montagmittag sind in Großbritannien mehr als 5300 Covid-19 infizierte Menschen gestorben. Johnsons Erkrankung kommt zum denkbar ungünstigsten Moment. „Wer hat das Sagen?“, fragte das Boulevardblatt „Daily Mail“ in Großbuchstaben. Außenminister Dominic Raab leitete am Montagmorgen stellvertretend die tägliche Kabinettssitzung zur Pandemie.

Der Zeitpunkt für einen Auftritt der Queen, der „Großmutter der Nation“, hätte angesichts der aktuellen Schreckensmeldungen also kaum besser gewählt sein können. Zwei Wochen nach der Verordnung der strengen Maßnahmen benötigte das Volk dringend etwas Zuspruch. In der langen Regentschaft der 93 Jahre alten Königin gab es einige Reden, die sie zu schwierigen Zeiten hielt. Man denke nur an ihre Ansprache nach dem Tod von Prinzessin Diana 1997, als die Queen nach dem Geschmack ihrer unglücklichen Untertanen zu lange gezögert hatte und erst auf massiven Druck aus der Bevölkerung schlussendlich ihr tiefstes Bedauern über den tragischen Unfall ausdrückte. Es war einer der raren Momente, als sich die Monarchin während ihrer 68-jährigen Amtszeit außerplanmäßig an die Briten wandte, zuvor einmal während des Golfkriegs 1991, letztmalig 2002 beim Tod ihrer Mutter, Queen Mum.

Ihre Rede am Sonntag war anders, ambitionierter. Die Worte der Queen sollten die nervösen Briten beruhigen und sie inspirieren, die Bedeutung des Moments für die Nation hervorheben, in dem nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung das Leben vieler Menschen gerettet, die Krankheit besiegt werden könne. „Wenn wir vereint und entschlossen bleiben, werden wir sie überwinden“, sagte die Queen in ihrer gut vierminütigen Ansprache aus Schloss Windsor. Dort harrt sie mit ihrem Ehemann, Prinz Philip, in Selbstisolation aus, was auch immer das im royalen Kontext heißen mag. „Ich hoffe, dass in den kommenden Jahren alle stolz darauf sein können, wie sie mit dieser Herausforderung umgegangen sind.“ Es handele sich um eine Zeit der Unterbrechung des Lebens; eine Unterbrechung, die manche in Trauer gestürzt habe, die für viele finanzielle Schwierigkeiten „und für uns alle enorme Veränderungen in unserem täglichen Leben bedeutet“. Ihre Majestät appellierte an die Selbstdisziplin, die Entschlossenheit und den Zusammenhalt der Menschen – Eigenschaften, mit denen die Briten in der Geschichte Krisen überstanden haben.

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