Krise in Österreich Die FPÖ wehrt sich – Kanzler Kurz droht der Sturz
Wien · Die Regierungskrise in Österreich ist zu einem Machtpoker geworden – und spitzt sich weiter zu. In einer Sondersitzung des Parlaments muss sich Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP am kommenden Montag voraussichtlich einem Misstrauensantrag stellen.
SPÖ und die aus der Regierung gedrängte FPÖ könnten den 32-Jährigen mit ihren Stimmen stürzen. „Es wäre ja fast naiv von Kurz anzunehmen, dass wir Freiheitlichen nach dem Misstrauen von Kurz gegen uns kein Misstrauen gegen ihn haben“, sagte der geschasste FPÖ-Innenminister Herbert Kickl am Dienstag.
Nach Ansicht der Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle dürfte die FPÖ gegen den Kanzler stimmen. „Die haben Rachegelüste“, sagte die Forscherin. Die SPÖ besteht weiter auf einer Übergangsregierung aus Experten bis zur Wahl im September und der folgenden Regierungsbildung. Damit sei ein Verbleib von Kurz im Amt unvereinbar.
Kurz zeigte sich von all dem nach außen unbeeindruckt. Nach einem zweistündigen Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen referierte er seine Vorschläge für eine Übergangsregierung unter dem Motto: Ohne mich bricht das Chaos aus. Van der Bellen appellierte seinerseits an die Kompromissfähigkeit der Parteien. „Es geht darum, wieder einen Schritt aufeinander zuzugehen.“
Auslöser der Krise ist ein Skandal-Video, das den bisherigen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache zeigt, wie er vor der Wahl von 2017 auf Ibiza einer vermeintlichen russischen Oligarchin Staatsaufträge für Wahlkampfhilfe in Aussicht stellt. Auch werden möglicherweise illegale Parteispenden thematisiert. Nach Straches Rücktritt am Samstag platzte die ÖVP-FPÖ-Koalition. Würde Kanzler Kurz gestürzt, wäre es das erste Mal in der Geschichte Österreichs.