Kandidaten der Demokraten Ist Amerika reif für die erste Frau an der Spitze?

Miami · (ap) Monatelang haben weiße Männer die Umfragen zu den demokratischen Bewerbern für die US-Präsidentenwahl 2020 angeführt. Aber bei den Fernsehdebatten der vergangenen Woche präsentierte sich das halbe Dutzend Frauen im Bewerberfeld als echte Alternative.

Sie unterschieden sich zwar in Taktik und Stil, verfolgten jedoch ein gemeinsames Ziel: vorgefasste Meinungen darüber zu erschüttern, wer als wählbar gilt für einen Job, den in der Geschichte der USA bislang nur Männer innehatten.

Ob sie damit Erfolg haben werden, ist noch nicht absehbar. Doch einige der Frauen stachen in den beiden Debatten besonders hervor. Sie setzten Themen und verschafften sich Gehör. Besonders gut gelang das nach Meinung vieler Beobachter der Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren, und der kalifornischen Senatorin Kamala Harris.

„Frauen haben beide Debatten gewonnen und gezeigt, dass dieses Rennen nicht vorbei ist“, sagt Stephanie Schriock, die Präsidentin von Emily‘s List, der größten landesweiten Organisation, die sich für die Wahl von Frauen einsetzt. „Sie waren großartige Debattiererinnen, mitreißende Geschichtenerzählerinnen und sehr effektiv darin, ihre Position zu vertreten.“ Das Eine ist der Sieg in einer einzelnen Debatte, das Andere die Nominierung für die Präsidentschaftskandidatur. Für manche Demokraten war die Niederlage Hillary Clintons gegen Donald Trump 2016 eine einschneidende Erfahrung, die Fragen laut werden ließ, ob das Land für eine Präsidentin bereit sei – und ob die Partei es riskieren soll, dies bei der Wahl 2020 auszutesten.

In ihren zwei Wahlkämpfen ums Weiße Haus war Clinton in allen Debatten stets die einzige Frau auf der Bühne. Diesmal waren die Kandidatinnen jeweils zu dritt. Am Mittwochabend traten neben Warren die Senatorin von Minnesota, Amy Klobuchar, und die Abgeordnete Tulsi Gabbard aus Hawaii auf. Am Donnerstagabend debattierten neben Harris die New Yorker Senatorin Kirsten Gillibrand und die Autorin Marianne Williamson.

Ja, manche Wähler hätten Zweifel, ob die Demokraten nach Clintons Niederlage erneut eine Frau nominieren sollten, sagt Debbie Walsh, Direktorin des Zentrums für Amerikanische Frauen und Politik an der Rutgers-Universität in New Jersey. Nach den Debatten sei sie nun aber voller Hoffnung, dass sich das ändern könnte.

Viele der Kandidatinnen fielen in einzelnen Passagen der Debatte besonders auf. Warren und Harris aber setzten sich deutlich ab. Warrens liberale Positionen standen am Mittwoch im Zentrum der Debatte. Ganz bewusst vermied sie es, sich mit ihren Rivalen zu streiten, um damit die Stärke einer führenden Kandidatin auszustrahlen.

Harris punktete am zweiten Abend, als sie sich einen bemerkenswerten Wortwechsel mit dem früheren Vizepräsidenten Joe Biden lieferte – der das ganze Jahr über in Umfragen vorn lag. Harris griff Biden heftig an und bezog sich dabei auf dessen frühere Haltung zum sogenannten „Busing“ – dem einstigen Bustransport schwarzer Schüler in Schulen, in denen nicht zwischen schwarzen und weißen Kindern unterschieden wurde. Unter den Zuschauern wurde es still, als Harris von eigenen Erfahrungen erzählte

Die starke weibliche Präsenz in den Debatten könnte über das hinauswirken, was auf der Bühne sichtbar wurde, sagt Erin Cassese, Expertin für Frauen und Politik an der Universität von Delaware. Studien zeigten, „wenn Frauen antreten, gibt es einen Vorbildeffekt, andere Frauen werden aufmerksam, sie engagieren sich stärker im Wahlkampf, und sie entwickeln möglicherweise politische Ambitionen“, sagt Cassese. Und verändern eine Wahl?

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