Nach Anschlägen in Christchurch Neuseelands Regierung kauft Waffen zurück

Auckland · Auf dem Gelände des Manurewa Rugby Football Club in einem Vorort von Auckland sind an diesem Abend viele Männer unterwegs, die Sporttaschen mit länglichen Gegenständen tragen. Neuseelands Polizei kauft hier verbotene Waffen auf.

Bis Freitag haben die Besitzer noch Zeit, alles loszuwerden. Dann gibt es für sie kein Geld und keine Amnestie mehr.

Das landesweite „Buy Back“-Programm ist Folge der Anschläge auf zwei Moscheen in Christchurch, der größten Stadt der neuseeländischen Südinsel. Dort hatte ein Rassist aus Australien Mitte März 51 Muslime erschossen. Die Tat übertrug der 28-Jährige via Facebook live ins Internet. Nächstes Jahr beginnt der Prozess. Sofort nach dem Massaker geschah, was in den USA bislang unmöglich scheint und auch in Deutschland nicht umgesetzt wurde. Neuseelands Regierung aus Sozialdemokraten, Populisten und Grünen verbot halbautomatische Waffen, wie sie der Täter verwendet hatte.

Dabei lässt sich auch im Vereinsheim des Rugby-Clubs von Manurewa, einer weiteren Rückgabeeinrichtung, erkennen, welches Risiko mit solchen Waffen verbunden ist, bei denen man zwar jedes Mal neu abdrücken muss, die nächste Patrone aber sofort nachgeladen wird.

Einer, der Waffen zurückgibt, nennt seinen Spitznamen: „Sin. Wie Sünde.“ Der Maschinenbauschlosser hat zwei Waffen abgegeben. 1000 Neuseeland-Dollar gab es dafür, knapp 600 Euro. Das Geld wird überwiesen. Vom Verbot hält er nichts. „Das war eine Panik-Reaktion der Politiker.“

Hinter vorgehaltener Hand berichten andere, dass Leute sich billig alte Waffen besorgten, um sie teuer an den Staat zu verkaufen. Grundlage für die Berechnung, wie viel es pro Gewehr gibt, ist eine staatliche Liste – zwischen 25 und 95 Prozent des Neuwerts. Insgesamt zahlte der Staat bislang umgerechnet mehr als 50 Millionen Euro aus, mehr als 47 500 Waffen wurden bisher abgegeben. Premierministerin Jacinda Ardern hält ihr Programm jetzt schon für einen Erfolg. Nach früheren Schätzungen der Polizei gab es in Neuseeland vor dem Anschlag bis zu 240 000 halbautomatische Waffen. Die Waffenlobby schätzte am Montag, dass noch mindestens 170 000 im Umlauf seien.

Wer nach dem 20. Dezember erwischt wird, dem drohen der Verlust des Waffenscheins und bis zu fünf Jahre Haft. Die Regierung denkt sogar über eine weitere Verschärfung nach – zumal viele bereits nachgerüstet haben. Seit dem Verbot wurden mehr als 7000 Waffen vom Kaliber 22 aus dem Ausland importiert, die maximal zehn Schuss haben und deshalb immer noch legal sind.

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