Mögliches Amtsenthebungsverfahren Zeugen belasten Trump ab heute live im Fernsehen

Washington · Die Untersuchungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten gehen in die öffentliche Phase. Noch sind viele Fragen offen.

William Taylor, George Kent, Marie Yovanovitch: Es sind Namen, mit denen bis vor einigen Wochen nur Washington-Insider etwas anzufangen wussten. Diese Woche tritt das Trio ins Rampenlicht, wenn im US-Kongress die öffentliche Phase der Anhörungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump beginnt. Hinter verschlossenen Türen haben sie alle auf Fragen geantwortet. Was sie vor laufenden Kameras zu sagen haben, dürfte sich kaum unterscheiden von dem, was sie bereits zu Protokoll gaben. Dennoch spricht die Opposition von einer Zäsur.

Man wolle dem amerikanischen Volk die Möglichkeit geben, sich selber ein Urteil über die Zeugen zu bilden, sagt Adam Schiff, der Abgeordnete aus Los Angeles, der den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses leitet. Zwar hat Schiff längst freigegeben, was jene Zeugen bei nichtöffentlichen Vernehmungen zu Protokoll gaben. Nur sei es eben, argumentieren die Demokraten, etwas anderes, wenn man das alles live im Fernsehen erlebe.

Zwei Wochen sollen die Hearings dauern. In dieser Zeit will die Opposition der Wählerschaft darlegen, warum sie keine Alternative zu einem Impeachment Trumps sieht. Und da niemand behaupten kann, dass es sich bei den zu Befragenden um treue Parteisoldaten der Demokraten handelt, soll dies möglichst überzeugend geschehen.

William Taylor etwa, der 72-jährige Diplomat, der am Mittwoch den Anfang macht, wurde von Außenminister Mike Pompeo aus dem Ruhestand geholt, um interimistisch die Nachfolge der geschassten Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, anzutreten. Von 2006 bis 2009 war er schon einmal Botschafter in der Ukraine, berufen vom Republikaner George W. Bush. George Kent, der Zweite im Zeugenstand, ist seit 27 Jahren im diplomatischen Dienst. Ein Staatssekretär im State Department, zuständig für Teile Osteuropas, dem niemand vorwerfen kann, Außenpolitik durch irgendjemandes Parteibrille zu sehen.

Ausgeleuchtet werden soll, was jenem Telefonat vorausging und folgte, in dem Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij am 25. Juli um „einen Gefallen“ bat, um die Aufnahme von Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter, der im Aufsichtsrat des Gasunternehmens Burisma gesessen hatte. Mit anderen Worten, um Wahlkampfhilfe gegen einen potenziellen Rivalen. Nach allem, was man bisher weiß, gab Mick Mulvaney, der Stabschef des Weißen Hauses, eine Woche vor Trumps Gespräch mit Selenskij die Anweisung, 391 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine zurückzuhalten. Warum, daran hat Taylor hinter schalldichten Türen nicht den geringsten Zweifel gelassen: Das Geld sollte erst fließen, wenn Selenskij Nachforschungen gegen die Bidens zugesagt hatte.

Dennoch bleiben Fragen offen. Kam die Order, die Auszahlung der Hilfe zu blockieren, von Trump? Oder handelte Mulvaney auf eigene Faust? Seit wann drängte Rudy Giuliani, Trumps persönlicher Anwalt, der fast ein Jahr damit verbrachte, in der Ukraine Munition für die eventuelle Wahlschlacht gegen Biden zu sammeln, auf ein Junktim? Seit wann wusste der Mann im Oval Office Bescheid?

Klar ist zumindest, dass die Republikaner dem eigenen Präsidenten bislang – bis auf wenige Ausnahmen – die Treue halten.

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