Millionen bei Trauerfeiern Trauer um Soleimani eint Iran – und kostet Dutzende das Leben

Teheran · Im iranischen Staatsfernsehen ist bei staatlich organisierten Kundgebungen öfter die Rede von Millionen von Teilnehmern. Ernst nimmt das jedoch meist keiner.

  An der Trauerfeier für Irans Top-General Soleimani nahmen in Kerman Hunderttausende teil.

An der Trauerfeier für Irans Top-General Soleimani nahmen in Kerman Hunderttausende teil.

Foto: dpa/Uncredited

Bei der Trauerzeremonie für den bei einem US-Raketenangriff in Bagdad getöteten iranischen General Ghassem Soleimani in Teheran allerdings wurde dieses Mal nicht übertrieben. Fast die gesamte Stadtmitte und der Westen der Hauptstadt waren mit Menschenmassen gefüllt. „Es waren diesmal wirklich Millionen“, konstatiert ein iranischer Fotograf.

Bei den Trauerfeierlichkeiten für Soleimani stehen Anhänger und Gegner der iranischen Führung erstmals seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – wieder in aller Öffentlichkeit Seite an Seite. „Das hat mit Politik nichts mehr zu tun ..., es war ein Schlag gegen einen von uns“, sagt der 26 Jahre alte Student Ehsan. Mit dem islamischen Regime hat Ehsan nichts am Hut, genauso wenig mit den Revolutionsgarden und der Al-Kuds-Einheit. „Aber sowas regeln wir unter uns ..., die Amerikaner geht das nichts an“, fügt er hinzu.

Noch im November prügelten sich Demonstranten und Regimeanhänger im Iran wegen der Erhöhung von Benzinpreisen zu Tode. Ein paar Wochen später trauern sie nicht nur gemeinsam, sondern wollen sich auch gemeinsam an den USA rächen. „Anders als von den Amerikanern gedacht, führte der Tod von General Soleimani zur Solidarität innerhalb der iranischen Bevölkerung“, sagt Präsident Hassan Ruhani.

Dieses Gefühl hatten nicht nur die Menschen in Teheran. Schon in Ahwaz in Südwesten des Landes und in Maschad in Nordosten nahmen an den ersten beiden großen Trauerzeremonien für den Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Einheit Hunderttausende teil. Ungefähr genauso viele Menschen kamen zur vierten Trauerzeremonie in Ghom.

Auch zur Beisetzungsfeier in seinem Geburtsort Kerman in Südostiran strömten am Dienstag Hunderttausende Menschen. Der Andrang war so groß, dass es während des Trauerzugs zu einer Massenpanik kam. Mindestens 56 Menschen kamen dabei nach Angaben der Behörden ums Leben. Die Verantwortlichen, die vorher schon den Zeitplan des Trauerzugs wegen des Ansturms hatten ändern müssen, mussten nun Soleimanis Beisetzung verschieben. Der Transport der Leiche zum Märtyrer-Friedhof war zunächst nicht möglich war – es war einfach kein Durchkommen.

„Soleimani war ein guter und treuer Soldat und hat unser Land jahrzehntelang verteidigt“, sagte der 43 Jahre alte Behnam. Was passiert wäre, wenn die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in den Iran eingedrungen wäre, wolle er sich nicht vorstellen. „Ghassem hat das verhindert und dafür sind wir ihm alle für immer dankbar,“ sagte er. Soleimani hatte den Kampf der iranischen Verbündeten gegen den IS koordiniert.

Auch Menschen, die eigentlich nichts gegen die USA haben, skandierten lautstark „Tod den USA“. „Dieser Trump ist ein Vollidiot,“ sagte eine 39-Jährige. Der US-Präsident habe kein Recht, in einem anderen Land einen iranischen Soldaten zu töten, nur weil dieser andere Interessen verfolge als das Weiße Haus.

Ziel des US-Einsatzes gegen Soleimani in Bagdad war es, mit seinem Tod die Führung im Iran zu schwächen. Aber die Trauerzeremonien haben gezeigt, dass nun genau das Gegenteil eingetreten ist. Und alle, Anhänger und Kritiker, reden nur noch von Rache.

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