Analyse: Marion Marechal, Enkelin von Front-National-Gründer Jean-Marie Le Pen Die politische Erbin meldet sich zurück

Paris · Zwei Jahre hat die politische Abstinenz gedauert. Nun meldet sich Marion Marechal zurück. Die Gelegenheit scheint der 29-Jährigen günstig: Die konservative Partei Les Républicains (LR) liegt nach der vernichtenden Niederlage bei den Europawahlen am Boden, viele der Mitglieder suchen nach einer neuen politischen Heimat.

 Marion Maréchal will einen Machtkampf mit ihrer Tante Marine Le Pen vermeiden.  Foto: dpa

Marion Maréchal will einen Machtkampf mit ihrer Tante Marine Le Pen vermeiden. Foto: dpa

Foto: dpa/Maurizio Degl'innocenti

Umgarnt werden sie von vielen Seiten. Präsident Emmanuel Macron und seine liberal-konservative Partei La République en Marche locken mit Engelszungen, Angebote gibt es auch von Marine Le Pens rechtsextremem Rassemblement National – und nun tritt von ganz weit rechts außen, aus der Untiefe des politischen Raumes Marion Maréchal auf die Bühne.

Von einigen Anhängern wird die junge Frau mit der extremen Gesinnung begrüßt wie der weibliche Messias, dem es gelingen kann, eine neue, starke, geeinte Rechte in Frankreich aufzubauen. Selbst Frankreichs größter Arbeitgeberverband Medef schien ganz geblendet vom Auftauchen Marion Maréchals, dass sie prompt als Referentin eingeladen wurde. Doch der Sturm der Entrüstung war groß und das Angebot wurde kleinlaut zurückgezogen.

Dabei wäre das Thema, zu dem Marion Maréchal hätte reden sollen durchaus interessant gewesen: Weshalb sind Populisten populär? Denn auf dem Gebiet Populismus ist die junge Politikerin ausgesprochene Expertin. Bis zu ihrem überraschenden Rückzug aus der Politik im Frühjahr 2017 war sie der Shootingstar der extremen Rechten und würdige Erbin einer politischen Dynastie. Ihr Großvater Jean-Marie Le Pen hatte einst den rechtsextremen Front National ins Leben gerufen. Ihre Tante ist Marine Le Pen, der es gelungen ist, der Partei ihres Vaters einen gemäßigten Anstrich und einen neuen Namen zu geben: Rassemblement National. Auf diesem Weg schreckte sie allerdings auch nicht zurück, Jean-Marie Le Pen mit Schimpf und Schande aus der Partei zu werfen.

Gemunkelt wird, dass auch das Verhältnis zwischen Marine Le Pen und ihrer Nichte zerrüttet ist. Das sei einer der eigentlichen Gründe für den Rückzug Marion Maréchals gewesen. Ganz abgemeldet hat sich die Politikerin allerdings nie, denn seit zwei Jahren arbeitet sie in Lyon am Aufbau einer Hochschule, die als politische Kaderschmiede für rechte Parteien dienen soll.

Aber nun ist die junge Hoffnungsträgerin der rechtsnationalen Kreise zurück. Mit einigen Vertretern von Les Républicains hat sie sich bereits in Paris bei einem Abendessen zu einem politischen Meinungsaustausch getroffen, offensichtlich um eine Zusammenarbeit auszuloten. Schon kurz nach der Niederlage von LR hat sie in Interviews für eine Erneuerung der Parteienlandschaft auf der rechten Seite getrommelt.

Einen Machtkampf mit ihrer Tante wolle sie vermeiden, beteuerte Marion Maréchal. Die aber beobachtet das Auftauchen der eigenen Verwandtschaft mit einigem Argwohn, denn Marine Le Pen befürchtet, dass der mühevoll aufgetragene bürgerliche Anstrich des Rassemblement National nun wieder tiefe Risse bekommt.

Denn Marion Maréchal lebt von der Provokation. Die Bewohner in den heruntergekommenen Vorstädten bezeichnet sie bisweilen als „Gesindel“, sie hetzt gegen Flüchtlinge und Homosexuelle, macht aus ihrer Verachtung für abtreibende Frauen keinen Hehl, schimpft auf Banker und Muslime.

Es ist kein Geheimnis, dass die junge Frau ihrem radikalen Großvater politisch wesentlich nähersteht als ihrer Tante. Jean-Marie Le Pen sagt bewundernd, sie sei wegen ihres kompromisslos rechtsnationalen Eintretens die wahre Erbin des Front National. Vielleicht sieht Marion Maréchal nun die Zeit gekommen, dieses Erbe anzutreten.

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