Proteste, Tote, Streiks Krise in Venezuela spitzt sich immer weiter zu

Caracas · Während Amtsinhaber Maduro die Armee auf sich einschwört, setzt Interimspräsident Guaidó auf Streiks. Die Lage in Caracas bleibt gefährlich.

 Demonstranten gehen in Caracas seit Tagen für einen Machtwechsel auf die Straße. Aber auch Präsident Maduro hat noch mächtige Unterstützer.

Demonstranten gehen in Caracas seit Tagen für einen Machtwechsel auf die Straße. Aber auch Präsident Maduro hat noch mächtige Unterstützer.

Foto: dpa/Rodrigo Abd

Venezuela kommt nicht zur Ruhe: Präsident Nicolás Maduro hat nach dem gescheiterten Umsturzversuch der Opposition unter Juan Guaidó das Militär auf die Verteidigung seiner sozialistischen Regierung eingeschworen. „Die Bolivarischen Streitkräfte stehen vor einer historischen Aufgabe. Soldaten des Vaterlandes: Die Stunde des Kampfes ist gekommen“, sagte er am gestrigen Donnerstag in der Festung Tiuna in der Hauptstadt Caracas vor Tausenden Soldaten. „Wir müssen das heilige Feuer der militärischen Werte entfachen, um den Imperialismus, die Verräter und Putschisten zu besiegen“, sagte Maduro.

Am Dienstag hatte der selbst ernannte Interimspräsident und Oppositionsführer Guaidó einige Soldaten auf seine Seite gezogen und den seit Jahren festgesetzten Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. Es sollte der Beginn eines Umsturzes werden. Allerdings scheiterte sein Versuch, größere Teile der Streitkräfte zum Überlaufen zu bewegen und Maduro aus dem Amt zu fegen. Gestern dann gelobte die Militärführung dem sozialistischen Staatschef Maduro, der seit 2013 im Amt ist, abermals die Treue.

„Wir sind hier, um das Vaterland zu verteidigen“, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino. „Wir stehen treu zur Verfassung, zum venezolanischen Volk und zu Präsident Nicolás Maduro.“ Die Soldaten salutierten und riefen: „Immer loyal, niemals Verräter.“

Der international umstrittene Maduro drohte den an der Rebellion Beteiligten mit harten Konsequenzen. „Alle Sicherheitskräfte suchen nach diesen Putschisten, die isoliert, alleine und besiegt sind“, sagte der Staatschef. „Früher oder später werden sie ins Gefängnis kommen und für ihren Verrat bezahlen.“

Bei den jüngsten Protesten gegen die Regierung Maduro kamen nach Angaben der Beobachtungsstelle für soziale Konflikte mindestens vier Menschen ums Leben, rund 130 wurden verletzt. Regierungsgegner und Sicherheitskräfte lieferten sich am Dienstag und am Mai-Feiertag zum Teil heftige Auseinandersetzungen. Demonstranten schleuderten Steine und Brandsätze auf die Beamten, Nationalgardisten feuerten mit Tränengas und Schrotmunition auf die Regierungsgegner.

Ans Aufgaben denkt der Oppositionsführer indes nicht. Guaidó rief seine Anhänger dazu auf, von gestern an die Arbeit niederzulegen und schließlich in einen Generalstreik zu treten. Als Zeichen der Zugehörigkeit zur Opposition sollten sie blaue Armbinden tragen. „Wenn das Regime glaubt, wir hätten bereits den maximalen Druck erreicht, dann täuscht es sich“, sagte er in Caracas. „Unsere Opfer waren nicht umsonst. Wir erobern uns Räume zurück und bleiben auf der Straße, bis wir die Freiheit für Venezuela erlangt haben.“

Mit seinem jüngsten Coup hat Guaidó wieder Bewegung in den zuletzt festgefahrenen Machtkampf gebracht – allerdings bislang ohne Erfolg. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Januar selbst zum Interimspräsidenten ernannt und seither vergeblich versucht, einen Machtwechsel in dem südamerikanischen Erdölland zu erzwingen. Die USA, viele EU-Staaten inklusive Deutschland und zahlreiche Länder in Lateinamerika haben ihn zwar als Übergangspräsidenten anerkannt, China, Russland, die Türkei sowie Kuba, Bolivien und Nicaragua hingegen stützen weiterhin Maduro. Menschenrechtsorganisationen und die katholische Kirche äußerten erneut ihre Besorgnis über die Vorkommnisse in dem krisengeschüttelten Land und forderten ein Ende der Gewalt.

Seit drei Jahren erlebt Venezuela wegen einer schweren Versorgungskrise eine Massenflucht. Rund zwei Millionen Menschen haben das Land bereits verlassen.

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