Geheimtreffen und Verhamndlungen abgesagt Trump zeigt Taliban die Rote Karte

Washington/Kabul · Der US-Präsident hat ein Treffen und weitere Verhandlungen mit den Aufständischen über einen Frieden in Afghanistan im letzten Moment abgesagt.

  US-Präsident Donald Trump will nicht mehr länger mit den radikalislamischen Taliban über einen Frieden in Afghanistan reden und fragt sie offen im Kurznachrichtendienst Twitter, wie viele Jahrzehnte sie denn noch Krieg führen wollen. Wie lange US-Soldaten noch am Hindukusch kämpfen sollen, lässt er offen.

US-Präsident Donald Trump will nicht mehr länger mit den radikalislamischen Taliban über einen Frieden in Afghanistan reden und fragt sie offen im Kurznachrichtendienst Twitter, wie viele Jahrzehnte sie denn noch Krieg führen wollen. Wie lange US-Soldaten noch am Hindukusch kämpfen sollen, lässt er offen.

Foto: AP/Alex Brandon

US-Präsident Donald Trump hat keine Berührungsängste mit Menschen mit Blut an den Händen, solange es seinen Zielen nutzt. Das hat er etwa bei seinen Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bewiesen. Selbst für Trumps Verhältnisse wäre das in Camp David geplante Geheimtreffen aber spektakulär gewesen: Im Landsitz des Präsidenten wollte er am Sonntag mit führenden Taliban-Vertretern zusammenkommen, nur drei Tage vor dem Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. Im letzten Moment sagte Trump nicht nur das Treffen per Twitter ab, sondern auch die seit langem andauernden Verhandlungen mit den Taliban.

Seit Juli vergangenen Jahres bemüht sich US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad um ein Abkommen mit den radikalislamischen Aufständischen, um den US-Truppen nach bald 18 Jahren einen Abzug aus Afghanistan zu ermöglichen und den Weg für Frieden zu bereiten. Trump hat versprochen, die „endlosen Kriege“ der USA zu einem Abschluss zu bringen. Im Irak ist ihm das nicht gelungen, auch sein Versprechen, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, konnte er nicht halten. Der längste Krieg in der Geschichte der USA – jener am Hindukusch – zieht sich ebenfalls hin. Kaum ein Tag vergeht ohne Anschläge der Taliban.

Nach neun mühsamen Verhandlungsrunden kündigte Khalilzad am vergangenen Montag an, man habe eine „grundsätzliche“ Einigung mit den Taliban erreicht. Trump hätte das Abkommen nun besiegeln können. Auch der afghanische Präsident Aschraf Ghani – dessen Regierung die Taliban von den Verhandlungen ausschlossen – war dort erwartet worden. Um kurz vor 19 Uhr am Samstagabend schickte Trump dann eine Reihe von Tweets in die Welt: Das Treffen werde nicht stattfinden, auch die Verhandlungen seien abgesagt – offen blieb zunächst, ob vorläufig oder endgültig.

Trump begründete die Absage damit, dass die Taliban versuchten, ihre Verhandlungsposition durch Gewalt zu stärken. Konkret nannte er einen Anschlag am vergangenen Donnerstag in Kabul mit zwölf Toten, darunter ein US-Soldat. Auch weitaus schwerere Anschläge hatten zuvor allerdings nicht zu einem Ende der Verhandlungen geführt.

Entweder wollte Trump mit der Absage den Druck auf die Taliban erhöhen, US-Außenminister Mike Pompeo schloss eine mögliche Wiederaufnahme der Gespräche am Sonntag im Sender CNN jedenfalls nicht aus. Oder Trump zog die Notbremse.

Details des Vertrags sind nebulös. Grundsätzlich stellten die USA den Taliban einen Truppenabzug in Aussicht, wenn sich die Aufständischen verpflichten, Terrororganisationen wie Al Qaida – Urheber der Anschläge vom 11. September 2001 – keine Zuflucht in Afghanistan zu bieten. Erst nach dem Abkommen mit den USA sollten die Taliban Verhandlungen mit der gewählten afghanischen Regierung aufnehmen.

Senator Lindsey Graham – ein Trump-Vertrauter – warnt seit langem, ein Abkommen könnte fatale Folgen haben. „Jeder Deal, der einen vollständigen Abzug unserer Truppen aus Afghanistan erfordert, ist ein schlechter Deal für die USA“, schrieb Graham in einem gemeinsamen Gastbeitrag mit dem Vorsitzenden des Instituts für Kriegsforschung, Jack Keane, in der Washington Post. „Die Vereinigten Staaten sollten ihre nationale Sicherheit an niemanden outsourcen, besonders nicht an die Taliban.“ Weiter hieß es: „Der Afghanistan-Krieg muss zu unseren Bedingungen enden, nicht zu denen der Taliban.“

Michael Rubin von der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute warf Trump vor, sich auf den „vielleicht schlechtmöglichsten Deal“ mit den Taliban einzulassen. Neun frühere US-Spitzendiplomaten – darunter mehrere ehemalige Botschafter in Afghanistan – warnten in einem Beitrag für die Denkfabrik „Atlantic Council“ vor der Rückkehr eines „totalen Bürgerkrieges“ in Afghanistan. Ein weitreichender Truppenabzug dürfe nicht vor einem echten Friedensabkommen geschehen, sondern müsse die Folge davon sein. Den Aufständischen dürfe auf keinen Fall das Gefühl vermittelt werden, sie könnten militärisch siegen.

Die Taliban kritisierten, der Abbruch der Gespräche schade der Glaubwürdigkeit der Regierung in Washington und zeige der Welt, dass die USA gegen Frieden seien. Die Taliban seien aber bereit, die Gespräche weiter zu führen. „Obwohl uns der Krieg aufgezwungen wird, ziehen wir die Option, ihn über Dialog zu lösen, dem Kampf vor.“

In seiner Absage fragte Trump, wie viele Jahrzehnte die Taliban noch kämpfen wollten. Unausgesprochen blieb die Frage, wie lange die USA noch in Afghanistan kämpfen wollen – in einem Krieg, der bereits über 2300 US-Soldaten das Leben kostete und in dem mehr als 20 000 US-Soldaten verwundet wurden.

Die Taliban haben sich in den vergangenen 18 Jahren jedenfalls nicht von der einzig verbliebenen Supermacht in die Knie zwingen lassen. Und selbst nach der grundsätzlichen Einigung auf ein Abkommen mit den USA fanden sich Taliban-Kämpfer, die bereit waren, sich in die Luft zu sprengen – um die „Besatzer und ihre Marionetten“ aus dem Land zu jagen.

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