Konflikt zwischen Israel und Hamas Die EU hat wenig Gewicht als Nahost-Vermittler

Brüssel · Bei den Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und radikalen Palästinensern sitzen die Europäer mit am Tisch – allerdings ohne großen Einfluss.

 Palästinenser in Gaza-Stadt stehen neben einem Blindgänger, der von einem israelischen Kampfflugzeug abgeworfen wurde. Bei den Bemühungen um Frieden in der Region hat die EU kaum Einfluss.

Palästinenser in Gaza-Stadt stehen neben einem Blindgänger, der von einem israelischen Kampfflugzeug abgeworfen wurde. Bei den Bemühungen um Frieden in der Region hat die EU kaum Einfluss.

Foto: dpa/Mohammed Talatene

Auf den Satz „Die Waffen müssen schweigen“ konnten sich die 27 Außenminister der Europäischen Union am Dienstag noch einigen. Eine diplomatische Offensive oder handfestere Aussagen zum neu aufgebrochenen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern erhoffte man sich beim virtuellen Sondertreffen am Dienstag aber vergebens. „Die EU kann sich über das Nahost-Quartett einbringen und die Parteien zu einer Waffenruhe auffordern“, schob Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Verantwortung an die Gremien ab.

Im Nahost-Quartett sitzt die Europäische Union mit den Vertretern Russlands, der Vereinigten Staaten und der Vereinten Nationen an einem Tisch. Der EU-Sondergesandte Sven Koopmans solle die bisherigen Vermittlungsbemühungen ausbauen, hieß es am Dienstag. Denn, so Maas, man müsse „den Blick über die aktuellen Ereignisse hinausrichten“ und „über die Hintergründe sprechen“. Außerdem seien „vertrauensbildende Maßnahmen“ notwendig.

Beeindruckend ist das nicht. Aber es entspricht der Machtlosigkeit, die die EU in dieser Konfliktregion hat. Die ist zum einen hausgemacht, weil die 27 Regierungen in ihren Beziehungen zu Israel und Palästina ein tiefer Graben trennt. Die Stiftung Wissenschaft und Politik hat die unterschiedlichen Positionen herausgearbeitet: Schweden hat als einziges Land die Palästinensergebiete als Staat anerkannt. Luxemburg, Spanien, Portugal, Irland, Schweden und Malta stehen auf der Seite der Palästinenser. In der politischen Mitte finden sich jene Länder, die für Vermittlung eintreten – neben Deutschland seien dies Frankreich, die Niederlande und Italien. Israel nahe stehen dagegen Österreich, Rumänien, Bulgarien, die Slowakei, Ungarn, Tschechien, Polen, Griechenland, Zypern und die drei baltischen Republiken. Mit dieser Konstellation ist im Kreis der 27 kein handfester und vor allem gemeinsamer Beschluss hinzukriegen. Der EU-Außenbeauftragte, der Spanier Josep Borrell, hat kein klares Mandat für konkrete politische Aktionen in diesem Konflikt.

Dabei hat sich die EU in der Vergangenheit für beide Seiten engagiert. Aus einer Aufstellung der EU-Kommission geht hervor, dass zwischen 2017 und 2020 rund 1,3 Milliarden Euro nach Palästina überwiesen wurden. Mit dem Geld werde praktisch die komplette palästinensische Verwaltung inklusive der Ruhestandsgelder bezahlt. Außerdem stehen etliche soziale Hilfsprojekte auf der Liste der EU. Gleichzeitig legte sich die Union mehrfach mit diversen israelischen Regierungen wegen deren Siedlungspolitik an. Im gegenwärtigen Konflikt positionieren sich führende Vertreter der Union zugunsten Israels. „Wir stehen klar zum Selbstverteidigungsrecht Israels“, betonte am Mittwoch der Vorsitzende der christdemokratischen EU-Parlamentsfraktion, Manfred Weber (CSU). Es sei „offenkundig, dass die Hamas Israel angegriffen hat“.

Solche Äußerungen sind der aktuellen Situation geschuldet. Im vergangenen Jahr sah die Gemeinschaft nicht ein einziges Mal einen Grund, sich mit dem Nahost-Konflikt zu befassen. In Brüssel überließ man das lieber dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump. Das Ergebnis: Der EU fehlen hochrangige Gesprächspartner, die Beziehungen zu Israel laufen, wenn sie denn lebendig gehalten wurden, auf bilateraler Ebene. Das ist zu wenig, um bei der Schlichtung nun eine Rolle spielen zu können.

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