Urnengang am Sonntag Kommunalwahl in Frankreich wird Stimmungstest für Macron

Straßburg · Die Kommunalwahl in Frankreich findet statt. In unsicheren Zeiten des Coronavirus ist das keine Selbstverständlichkeit. Allerdings wird es bei der ersten Runde am Sonntag einige Vorsichtsmaßnahmen geben.

So werden etwa im Elsass, einer Region mit überdurchschnittlich vielen Infektionen, nach jeder Stimmabgabe die Wahl-Apparate desinfiziert werden. Zudem verzichten viele Kandidaten zuletzt auf Wahlveranstaltungen.

Auch in Straßburg grüßen die Politiker ihre Wähler inzwischen vor allem von Plakaten. In der elsässischen Metropole zeichnet sich ein besonders interessantes Rennen ab. Denn zum ersten Mal könnte es einer Vertreterin der Grünen (EELV) gelingen, das Rathaus zu erobern. Jeanne Barseghian liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Alain Fontanel von La République en Marche (LREM). Beide stehen in den Prognosen bei rund 25 Prozent und werden es wohl in die Stichwahl am 22. März schaffen. „Die Europawahl im vergangenen Jahr war der politische Durchbruch“, sagt die 38-Jährige, damals wurden die Grünen in Frankreich mit rund 13 Prozent der Wählerstimmen überraschend zur drittstärksten Kraft im Land.

Diesen Erfolg will die EELV nun fortsetzen und zeigen, dass sie auch auf kommunaler Ebene eine feste Größe ist. In Lyon und Dijon hegen die Grünen ebenfalls Hoffnungen auf den Sieg. In Grenoble, wo sie den Bürgermeister stellen, gilt dessen Wiederwahl als ziemlich sicher. Zudem sieht es in Rouen gut aus, wo jüngst eine Chemiefabrik in Flammen aufging, was die Bevölkerung offensichtlich für den Umweltschutz sensibilisiert hat.

Für La République en Marche wäre ein Sieg in Straßburg ein überlebenswichtiges Zeichen in einer für die Partei sehr schwierigen Zeit. Das große Problem der Bewegung ist, dass ihr die Verankerung auf lokaler Eben fehlt. Emmanuel Macron hatte LREM vor den Präsidentenwahlen 2017 förmlich aus dem Boden gestampft und damit die gesamte politische Landschaft durcheinandergewirbelt. Doch ist es dem Staatschef danach nicht gelungen, vor allem in den kleineren Städten funktionierende Strukturen aufzubauen, was bei den Kommunalwahlen nun zum Verhängnis wird. Denn der Urnengang wird zu einer Art Abstimmung über die Politik des im Moment mehr als umstrittenen Präsidenten. Schneidet LREM so schlecht ab, wie von vielen befürchtet, wird das auch Auswirkungen auf den Reformkurs der Regierung in Paris haben.

Aber auch Republikaner und Sozialisten blicken mit Bangen auf die Abstimmung am Sonntag, denn deren Vertreter hoffen auf ein Lebenszeichen ihrer Parteien. Die wurden bei der Europawahl von den französischen Wählern praktisch pulverisiert und schafften es damals nicht einmal, zehn Prozent der Stimmen auf sich zu versammeln. Doch die traditionellen Parteien stellen im Land die meisten der knapp 35 000 Bürgermeister, und die Amtsinhaber stehen in den Umfragen in der Gunst der Wähler fast immer ganz oben.

Sehr selbstbewusst geht Marine Le Pen in die Wahl. Ihr Rassemblement National (RN) regiert bisher in elf Rathäusern Frankreichs. Diese Zahl will die Partei am Sonntag deutlich steigern. Umfragen zufolge könnte der RN bis zu 50 vor allem kleinere Städte und Gemeinden gewinnen. Die traditionellen Bastionen der rechtspopulistischen Partei liegen im strukturschwachen Norden des Landes und an der Côte d’Azur, die stark von der Einwanderung aus afrikanischen Ländern geprägt ist.

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