Kommentar Kommt bald das böse Erwachen?

Bei den Brexit-Hardlinern hält sich hartnäckig die Annahme, dass mit einem No-Deal-Brexit am 31. Oktober das Thema vom Tisch sei. Doch das als Trugschluss zu bezeichnen, wäre noch eine Untertreibung.

Kommentar: Kommt bei den Briten bald das böse Erwachen?
Foto: SZ/Robby Lorenz

Sollte das Königreich ohne Abkommen aus der EU scheiden, gehen die Verhandlungen über die Art der künftigen Beziehungen mit der Staatengemeinschaft erst richtig los. Es ist schlichtweg undenkbar, dass Post-Brexit-Großbritannien allein nach dem Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) mit der EU handeln wird und sich nicht um einen Vertrag mit dem größten und geografisch am nächsten liegenden Partner bemüht. Dann aber befindet sich London in der denkbar schlechtesten Verhandlungsposition, in die es sich jedoch selbst hineinmanövriert hat. Wer würde einem Land mit Vertrauen begegnen, das kontinuierlich Versprechen gebrochen, Verpflichtungen missachtet und Fakten verfälscht hat? Das kontinuierlich Brüssel zum Sündenbock für das eigene Versagen macht? In einigen Monaten dürften sich viele Briten jenen Deal herbeisehnen, den Ex-Premierministerin Theresa May mit Brüssel vereinbart hatte. Zu den größten Versäumnissen der britischen Politik gehört, dass sie den Menschen nie klar aufgezeigt hat, was ein Brexit ohne Abkommen bedeutet. Etliche Briten glauben noch immer, bei einem ungeordneten EU-Austritt bleibe alles wie jetzt – mit den Vorteilen, die die Mitgliedschaft im Club der 28 bietet. Sollte sich am Ende doch noch die Regierung unter Premierminister Johnson mit ihrem Harakiri-Plan durchsetzen, wird es ein böses Erwachen geben.

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