Kommentar G7/Macron Macron, der Gipfel-Profi

Als der französische Präsident Valéry Giscard d‘Estaing 1975 zum ersten G6-Treffen lud, war Emmanuel Macron noch nicht mal geboren. Den G7-Gipfel in Biarritz leitete er nun aber wie ein diplomatischer Profi.

Locker, aber fast perfektionistisch kümmerte er sich um alles, bis hin zum Menü-Inhalt. Dazu jonglierte er mit den komplexen Gipfelthemen und noch komplexeren Egos der Teilnehmer, ohne den Ball aus der Hand zu geben.

Dabei blieb Macron keineswegs unverbindlich und belanglos wie ein Diplomat. US-Präsident Trump überrumpelte er geradezu mit seiner scheinbar spontanen Einladung an den iranischen Außenminister Sarif. Den britischen Ministerpräsidenten Johnson ließ er bei allem Schulterklopfen spüren, was er von den unsäglichen Brexit-Wirren hält. Fast vergessen wurde darüber, dass der Gastgeber inhaltlich wenig erreichte. Ob zum Atomabkommen mit Iran oder zum Handelskonflikt mit China. Mehr hatte aber auch niemand erwartet. Wichtiger war: Mit Hilfe seiner G7-erfahrenen Einflüstererin Merkel gelang es ihm, Europas moderate Stimme mit ihrem vermittelnden, multilateralen Ansatz einzubringen. Das war bitter nötig zwischen all den nationalen, ja nationalistischen Tönen.

Natürlich gefiel sich Macron in seiner Rolle. Der Vorwurf, den Gipfel in seine persönliche Show verwandelt zu haben, wird aber nicht lange hängenbleiben. 2020 wird Trump Macron vormachen, was es heißt, eine wirkliche Politshow abzuziehen. Von Stefan Brändle

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