Nach dem Brexit Johnson droht mit hartem Bruch nach Übergangsphase

London/Brüssel · In einer Rede vor Unternehmern und Botschaftern präsentierte Großbritanniens Regierungschef Boris Johnson drei Tage nach dem Brexit seine Pläne für die künftigen Beziehungen zur EU.

 Der britische Premierminister Boris Johnson lässt die Muskeln spielen.

Der britische Premierminister Boris Johnson lässt die Muskeln spielen.

Foto: dpa/Paul Ellis

Die britische Regierung strebe eine „pragmatische Handelsvereinbarung“ mit der Staatengemeinschaft an, ähnlich jenem Vertrag, den Brüssel mit Kanada geschlossen hat. Großbritannien werde sich bei den anstehenden Gesprächen jedoch auf keinen Fall vertraglich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Umweltschutz, Arbeitnehmerrechten und staatlichen Wirtschaftshilfen festlegen lassen. Für das Königreich gebe es genauso wenig Gründe, wegen eines Freihandelsabkommens die Regeln der EU in Kauf zu nehmen wie andersherum. „Großbritannien wird die höchsten Standards in diesen Bereichen beibehalten, besser in vielerlei Hinsicht als die der EU – ohne den Zwang eines Vertrags“, sagte der Premier. Die Muskelspiele zwischen London und Brüssel haben offiziell begonnen. Es dürften mühsame elf Monate werden. Schon am 31. Dezember dieses Jahres läuft die Übergansphase ab. Dann droht abermals ein No-Deal-Szenario. Denn, so mahnte Johnson gestern, London werde notfalls das Verhältnis nach Ablauf der Übergangsperiode ohne Abkommen ausgestalten.

Derweil blicken exportorientierte Branchen mit Sorge auf die Pläne des Regierungschefs. Denn Großbritannien verkauft 47 Prozent seiner Güter nach Europa. So stellte etwa erst Ende vergangener Woche der britische Verband der Automobilbranche SMMT die aktuellen Zahlen vor. Die Autobauer und ihre Zulieferer sind vom EU-Austritt und der anhaltenden Unsicherheit über die Zukunft besonders stark betroffen. Umso mehr wirbt der Verband für eine enge Anlehnung an die EU nach dem Brex­it. Tatsächlich herrscht längst keine Feierstimmung mehr wie vor wenigen Jahren, als der Verband für das Jahr 2020 die Zielmarke von zwei Millionen produzierten Fahrzeugen ausgegeben hatte. Vielmehr schrumpfte 2019 die Herstellung das dritte Jahr in Folge auf 1,3 Millionen Fahrzeuge. Es handelte sich um den niedrigsten Wert seit 2010. Noch im Jahr 2016 etwa wurden 1,7 Millionen Autos auf der Insel gefertigt. Doch obwohl die Industrie nach eigenen Angaben jährlich 82 Milliarden Pfund Umsatz erwirtschaftet und mehr als 823 000 Jobs von ihr abhängen, fällt es der Branche schwer, Unterstützer in der Downing Street zu finden.

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