Thema Amtsenthebung Das Anti-Trump-Dilemma der US-Demokraten

Washington · Die Zeit sei gekommen, Donald Trump lasse einem keine andere Wahl, sagt Alexandria Ocasio-Cortez, die Galionsfigur der amerikanischen Linken. Der Kongress müsse endlich ein Amtsenthebungs-Verfahren (Impeachment) gegen ihn einleiten.

 Immer mehr Demokraten wollen versuchen, ihn abzusetzen: US-Präsident Donald Trump.

Immer mehr Demokraten wollen versuchen, ihn abzusetzen: US-Präsident Donald Trump.

Foto: AP/Andrew Harnik

Andere sprechen von erschöpfter Geduld. „Wir haben es mit einem Präsidenten zu tun, der das Parlament auflaufen lässt, wo immer es geht“, sagt die Abgeordnete Mary Gay Scanlon.

Trump seines Amtes entheben: Manche seiner Gegner träumten schon davon, da war der Geschäftsmann gerade im Weißen Haus eingezogen. Zwischenzeitlich schien es, als habe man sich damit abgefunden, dass allein die Wähler, frühestens 2020, einen Personalwechsel herbeiführen können. Nun ist es vorbei mit den leiseren Tönen. Eine lautstarke, zudem wachsende Fraktion in den Reihen der Demokraten drängt darauf, das Amtsenthebungsprocedere unverzüglich in Angriff zu nehmen. Anlass ist ein leerer Stuhl, in den Augen der Opposition das Symbol für die anmaßende Art eines Staatschefs, der sich aufführt, als wäre er ein König und das Parlament allenfalls schmückendes Beiwerk.

Auf dem Stuhl sollte Donald McGahn sitzen, ehemals oberster Rechtsberater der Regierungszentrale. McGahn, den der Russland-Sonderermittler Robert Mueller in seinem Bericht besonders ausführlich zitierte, sollte vorm Justizausschuss der Abgeordnetenkammer Farbe bekennen. In aller Öffentlichkeit sollte er beantworten, ob Trump Muellers Ermittlungen behinderte. Der Präsident pfiff ihn zurück, mit dem Argument, die Verfassung garantiere seinen ranghohen Beratern „absolute Immunität“, auch dann, wenn der Kongress sie zwangsvorlade. Der Ausschussvorsitzende Jerrold Nadler kommentierte es mit einer Gardinenpredigt: Das Parlament werde es weder dem Präsidenten noch dessen Verbündeten gestatten, sich über das Gesetz zu erheben. Er will McGahn notfalls per Gerichtsbeschluss zur Aussage zwingen.

Im Streit zwischen Trump und den Demokraten – der sich jetzt auch im Abbruch der Gespräche über die Infrastruktur zeigte – geht es längst um Grundsätzliches, nicht mehr nur um die eine oder andere Quelle des Mueller-Reports. Nach dem Prinzip der Gewaltenteilung hat die Legislative das Recht und die Pflicht, die Arbeit der Exekutive zu kontrollieren. Trump dagegen stellt es hin als ewiges Nachkarten ewiger Verlierer. Fast immer, wenn der Kongress Zeugen vernehmen möchte, um sein Tun zu untersuchen, legt er neuerdings sein Veto ein. Schon um ihm einen Schuss vor den Bug zu geben, drängen die eifrigsten seiner Kritiker auf erste Schritte zur Amtsenthebung.

Der Showdown zeigt aber auch, dass die Demokraten in einem Dilemma stecken. Sollen sie einen Impeachment-Marathon riskieren und es sich damit mit jenen Wählern der Mitte verscherzen, deren Gunst sie beim Halbzeitvotum im November gerade erst zurückerobert haben? Oder sollen sie ihre eigene, nach links gerückte Basis brüskieren, die Trump so verachtet, dass sie ihn aus dem Amt jagen will? Nancy Pelosi, die Grande Dame des Parlaments, versucht sich als Bremserin. Sie riecht die Gefahr, dass sich ihre Partei im Impeachment-Fieber verrennt und dabei Themen vernachlässigt, die den Leuten wichtiger sind. Zudem weiß sie um die reale Kräftebalance. Um Trump aus dem Amt zu zwingen, müsste sich eine Zweidrittelmehrheit des Senats gegen ihn stellen, was voraussetzt, dass sich um die 20 republikanische Senatoren von ihm abwenden. Im Moment deutet nichts darauf hin. Trump, warnte Pelosi, stachle die Demokraten regelrecht an, es mit dem Impeachment zu versuchen. Man wäre gut beraten, gab sie zu verstehen, nicht in die Falle zu tappen.

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