USA suchen nach Friedenslösung Gewalt überschattet Gespräche mit Taliban

Kabul/Doha · In Katar suchen die USA den Durchbruch für eine Friedenslösung in Afghanistan. Doch der Weg ist steinig.

 Ungeachtet der laufenden Friedensgespräche greifen die Taliban täglich afghanische Sicherheitskräfte an. Hier steigt nach einer Attacke auf das Polizeihauptquartier in Kandahar Mitte Juli eine dunkle Rauchwolke auf.

Ungeachtet der laufenden Friedensgespräche greifen die Taliban täglich afghanische Sicherheitskräfte an. Hier steigt nach einer Attacke auf das Polizeihauptquartier in Kandahar Mitte Juli eine dunkle Rauchwolke auf.

Foto: dpa/Str

Der Beginn der möglicherweise entscheidenden USA-Taliban-Verhandlungsrunde über Frieden in Afghanistan ist von Berichten ausufernder Gewalt gegen Zivilisten überschattet worden. Vorläufigen Ergebnissen zufolge wurden allein im Juli mehr als 1500 Zivilisten verwundet oder getötet. Dies sei die höchste Monatszahl seit Mai 2017, teilte die UN-Mission in Afghanistan (Unama) am Samstag mit. Somit wurden allein im Juli fast halb so viele zivile Opfer verzeichnet wie im gesamten ersten Halbjahr 2019. Der Anstieg sei vor allem regierungsfeindlichen Kräften zuzurechnen. Die Taliban hätten mehr militärische Ziele in städtischen Gebieten angegriffen.

„Mit der Intensivierung der Friedensbemühungen in den vergangenen Wochen hat auch der Konflikt vor Ort zugenommen“, erklärte der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Tadamichi Yamamoto, den Angaben zufolge. Er forderte die Konfliktparteien auf, die militärische Eskalation zur Verbesserung der Verhandlungsposition in den Friedensgesprächen zu unterlassen.

Die radikalislamischen Taliban greifen weiterhin täglich Sicherheitskräfte an. Binnen 48 Stunden seien mindestens 17 Soldaten und Polizisten in den Provinzen Ghor und Daikundi bei Taliban-Überfällen auf Militärstützpunkte und Kontrollposten getötet worden, teilten Behörden am Samstag mit.

Die UN-Mitteilung kam wenige Stunden vor Beginn einer wichtigen Runde der Gespräche der USA mit den Taliban über eine politische Lösung des seit Jahrzehnten andauernden Konflikts in Afghanistan. Taliban-Sprecher Sohail Schahin bestätigte den Beginn der Gespräche im Golf-Emirat Katar.

Am Samstagabend twitterte er, die Gespräche könnten mehrere Tage dauern. Sollte ein Abkommen geschlossen werden, würden alle ausländischen Streitkräfte innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens aus Afghanistan abziehen und der Weg zu Gesprächen mit „afghanischen Seiten“ öffne sich.

Bei den USA-Taliban-Gesprächen geht es vor allem um den Abzug der amerikanischen und verbündeten ausländischen Truppen, eine Waffenruhe und Garantien der Taliban, dass Afghanistan nicht zu einem sicheren Hafen für Terroristen wird. Die Gespräche sollen in offizielle Verhandlungen der Regierung in Kabul mit den Taliban münden. Die Taliban lehnen diese bisher ab, da sie die Regierung als Marionette des Westens betrachten.

„Die Taliban signalisieren, dass sie eine Vereinbarung abschließen möchten. Wir sind bereit für ein gutes Abkommen“, twitterte der US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad in der Nacht zu Samstag. Washington verfolge ein Friedensabkommen, das einen Rückzug ermögliche und kein Abzugsabkommen, schrieb Khalilzad. Die US-Präsenz in Afghanistan sei von den Bedingungen im Land abhängig, und jeglicher Truppenabzug basiere ebenso auf diesen.

Den USA war in den vergangenen Wochen vorgeworfen worden, mit dem Abschluss eines Abkommens mit den Taliban vor allem einen raschen Truppenabzug erreichen zu wollen. US-Präsident Donald Trump hat deutlich gemacht, dass er die Truppen nach Hause bringen möchte. US-Generäle beschreiben die Lage in Afghanistan seit längerem als militärisches Patt. Ungeachtet dessen sagte Trump am Freitag im Weißen Haus, die USA könnten den Krieg in Afghanistan innerhalb weniger Tage gewinnen. Dann kämen aber Millionen Menschen ums Leben, und das auch ohne den Einsatz von Atomwaffen, sagte Trump. Der US-Präsident hatte sich bereits im Juli ähnlich geäußert – was in Afghanistan für große Irritationen gesorgt hatte: „Wir könnten den Krieg in Afghanistan in weniger als einer Woche gewinnen. Aber ich will nicht zehn Millionen Menschen töten.“ In Afghanistan leben laut Weltbank rund 37 Millionen Menschen.

Vielen Afghanen bereitet ein möglicher US-Truppenabzug Sorge. Der Vizepräsidentschaftskandidat Amrullah Saleh sagte dem Magazin „Spiegel“, der US-Rückzugsplan bedeute nicht das Ende. „Die Taliban werden das Land nicht übernehmen“, versicherte er. Auf die Frage, ob er sich einen Frieden mit den Islamisten vorstellen könne, antwortete er: „Wir sind auf alles vorbereitet. Wenn sie Frieden wollen, gut, wenn nicht, können wir auch damit umgehen.“

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