Hilfsmaßnahmen für die EU Wie Europa aus der Krise kommen soll

Berlin · Von der Leyens Idee für einen neuen Marshall-Plan kommt nicht nur bei zwei früheren deutschen Außenminstern gut an.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz über die Bemühungen der EU zur Begrenzung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht während einer Pressekonferenz über die Bemühungen der EU zur Begrenzung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise.

Foto: dpa/Francois Lenoir

Trotz aller Hilfsmaßnahmen ist nicht klar, wie Europa die Zeit nach der Corona-Krise bewältigen kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht sich für massive Investitionen in den EU-Haushalt aus. „Wir brauchen einen Marshall-Plan für Europa“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die Zeitung Welt am Sonntag.

Der Marshall-Plan war ein milliardenschweres Hilfsprogramm der USA, mit dem das vom Zweiten Weltkrieg gezeichnete Westeuropa wieder auf die Beine kam. Laut von der Leyern ist der EU-Haushalt in allen Mitgliedsstaaten als Instrument des solidarischen Ausgleichs akzeptiert und müsse der Krise entsprechend angepasst werden. Die CDU-Politikerin zeigt sich zuversichtlich, dass sich Europa bald wieder erholen werde: „Die vielen Milliarden, die heute investiert werden müssen, um eine größere Katastrophe abzuwenden, werden Generationen binden.“ So könne auch in der Krise das Gefühl der Gemeinschaft unter den Nationen Europas erneuert werden.

Auf Hilfe nach historischem Vorbild hofft auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. Er hat die Partner der Europäischen Union „in einem kritischen Moment“ zu „rigoroser Solidarität“ aufgerufen. Um im Kampf gegen die Corona-Krise nicht als Union zu scheitern, müsse die EU „eine Kriegswirtschaft auf die Beine stellen“, forderte der linksgerichtete Politiker in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenportal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wie EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sprach Sánchez von „einem neuen Marshall-Plan“.

Für ein Unterstützungsprogramm sprachen sich ebenso die früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Sigmar Gabriel (SPD) aus. Ihrer Meinung nach müsste die Hilfe insbesondere Spanien und Italien gelten, um ein mögliches Auseinanderbrechen Europas zu verhindern. „Europa braucht jetzt zweierlei: gemeinsame Hilfen in der Krise und ein gemeinsames Wiederaufbauprogramm nach der Krise“, schreiben Fischer und Gabriel in einem Gastbeitrag für die Zeitungen Handelsblatt und Tagesspiegel.

„Italien und Spanien werden es Europa und vor allem uns Deutschen hundert Jahre lang nicht vergessen, wenn wir sie (...) jetzt im Stich lassen. Und genau das tun wir gerade“, kritisieren die beiden früheren Minister. Das Coronavirus habe aus ihrer Sicht das Potenzial, die ohnehin in Europa existierenden Risse so massiv zu vertiefen, „dass die Union daran auseinanderbrechen könnte“.

Mächte wie Russland und China leisteten öffentlichkeitswirksam Hilfe, um das Defizit Europas zu betonen. „Dass hier humanitäre und politische Ziele mindestens gleichzeitig verfolgt werden, liegt auf der Hand“, erklären Fischer und Gabriel.

Zwar sei das deutsche Exportverbot für Hilfsmittel aufgehoben worden und Deutschland gehöre zu den Ländern, die schwer erkrankten Patienten aus Italien, Frankreich und Spanien Krankenhausbetten anbieten. Doch sei dies bestenfalls ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Die beiden Ex-Minister fordern daher, „den ideologischen Streit zwischen Nord- und Südeuropa über Eurobonds oder Corona-Bonds“ zu beenden.

Die EU-Staaten sind uneins, ob die sogenannten Corona-Bonds als Mittel gegen die wirtschaftlichen Probleme in der Krise nötig sind. Dabei handelt es sich um gemeinsame europäische Anleihen zur Finanzierung der EU-Staaten. Unter anderem Italien und Spanien sind dafür, sie fordern die Anleihen als Zeichen europäischer Solidarität. Zudem argumentieren Befürworter, alle Staaten erhielten dieselben günstigen Finanzierungskonditionen. So könnten auch bereits hoch verschuldete Länder wie Italien Geld zu günstigeren Konditionen einsammeln, weil wirtschaftlich stärkere Staaten wie Deutschland ebenfalls für Zinsen und Rückzahlung haften.

Aus eben diesem Grund lehnt die deutsche Bundesregierung – neben anderen EU-Mitgliedern wie Österreich – diese fest verzinsten Wertpapiere ab. Stattdessen tritt Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für ein Drei-Stufen-Modell ein: vorsorgliche Kreditlinien des Euro-Rettungsschirms ESM, Bürgschaften der Europäischen Investitionsbank EIB und das von der EU-Kommission vorgeschlagene Programm zur Unterstützung von Kurzarbeitergeld-Modellen.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus stellt sich hinter den Drei-Säulen-Plan. „Diese Instrumente sind schnell anwendbar. Denn entscheidend ist, dass die Gelder und Hilfen schnell ankommen“, sagte der CDU-Politiker. Corona-Bonds lehne er hingegen ab.

(dpa)
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