Europpol-Studie Die Männer des IS wollen mehr Frauen für den Heiligen Krieg

Brüssel/Den Haag · Der Heilige Krieg war Männersache – bisher. Frauen, die sich der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) anschlossen, hatten ihren Männern zu gehorchen, Besorgungen verhüllt und möglichst zügig zu erledigen, kein Eis in der Öffentlichkeit zu essen und sich zu Hause um die Kinder und den heimkehrenden Kämpfer zu kümmern.

Vor allem aber: Sie sollten „ihren Söhnen die Liebe zum Heiligen Krieg und zum Opfer“ beibringen.

Doch das Bild wandelt sich, heißt es in einer Studie des Instituts für Terrorismusforschung, das zur Europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag gehört. Sie wurde am Freitag vorgestellt. Von einem „islamistischen Feminismus“ ist da die Rede. In der IS-Propaganda würden zunehmend Frauen ins Visier genommen. Die waren zwar schon früher im Kalifat gefragt – vor allem bei der Polizei, als Ärztinnen und Lehrerinnen. Doch nun komme eine neue Aufgabe hinzu, heißt es in dem Dokument mit dem Titel „Frauen in der Propaganda des Islamischen Staates“: Sie sollen auch kämpfen. Für Europa, wo Terroristinnen in vielen Ländern blutige Anschläge ausgeführt haben, mag das nichts Neues sein, für den IS schon.

In veröffentlichten Texten von Terroristen schwärmen demnach sogar Autorinnen von der Herrlichkeit des Patriarchats innerhalb der Organisation. Sie appellierten demnach an eine Grundsehnsucht: nach einem Leben in einem geordneten System, behütet von tapferen Kriegern. „Die IS-Propaganda ist direkt, wenn es um die Gefahren und Härten des Alltags geht“, heißt es in der Studie. „Aber man drückt sich doch so aus, dass an die Bereitschaft der Frau appelliert wird, diese Härten als von Allah gewollt anzunehmen und sich so gegen westliche Konsumwerte zu stellen.“ Dazu passe, berichten die Europol-Experten, dass man nun Frauen auch für den Kampf suche – für den Märtyrer-Tod und als „erste Verteidigungslinie“ gegen die sogenannten Ungläubigen, als „Sprungbrett zum Paradies“. Frauen seien längst bereit, Gewalt anzuwenden, wenn die Ideologie dies zulasse. „Im Moment ist dies noch nicht ihre Rolle“, schreiben die Experten von Europol zwar. „Aber dies kann sich leicht ändern, je nach den strategischen Bedürfnissen und Entwicklungen der Organisation.“

Die Erkenntnisse entsprechen den Beobachtungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das schon 2018 beim Sichten von Videos „erstmals eine kämpfende Frau“ festgestellt hatte. Ein Tabubruch, galt es doch bis dato als „allgemeine Auffassung der traditionellen islamischen Rechtsgelehrtheit“, dass Frauen sich „nicht unmittelbar an Kriegshandlungen beteiligen“ sollten“, schrieben die deutschen Verfassungsschützer damals.

Bei Europol fürchtet man nun offenbar eine Entwicklung dieser Frauenrolle im IS. Die Organisation wolle erkennbar jenen Behauptungen ihrer Gegner entgegentreten, sie sei besiegt. Dabei brauche man die Frauen für die „Wiederbelebung des Kalifats“, heißt es in der Studie. Will sagen: Dem IS gehen die Kämpfer aus, jetzt werden Frauen als Attentäter umworben.

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