Airbus-Projekt für die Brennstoffzelle Europas Weg zum Champion für Wasserstoff-Technologie

Brüssel · Europa sammelt seine Kraft, um künftig aus Wasserstoff Energie für Mobilität und Transport zu gewinnen. 23 von 27 EU-Mitglied­staaten sind dabei. Sie haben für Wirtschaft und Wissenschaft dem Vernehmen nach schon Fördergelder in Höhe von 46 Milliarden Euro lockergemacht.

 In fast allen EU-Mitgliedsstaaten wird die Wasserstoff-Technologie derzeit gefördert. Dazu gehört etwa der Aufbau eines Tankstellennetzes.

In fast allen EU-Mitgliedsstaaten wird die Wasserstoff-Technologie derzeit gefördert. Dazu gehört etwa der Aufbau eines Tankstellennetzes.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist bereit, bei den EU-Beihilferegeln ein Auge zuzukneifen. Ausnahmsweise soll der Staat Subventionen an Unternehmen zahlen dürfen, damit diese Industrieproduktion aufbauen.

Informell wird das Projekt Wasserstoff-Airbus genannt. Im offiziellen Jargon der EU handelt es sich um ein IPCEI. Das steht für Important Project of Common European Interest (Wichtiges EU-Projekt gemeinsamen EU-Interesses). Der informelle Name macht den Anspruch deutlich: So wie Airbus Boeing die Stirn bietet, soll dieses Projekt dazu beitragen, dass Europa bei der Zukunftstechnologie Wasserstoff gegen die Konkurrenz aus Fernost bestehen kann.

Offiziell wurde es kurz vor Weihnachten gestartet. Bis Freitag lief die Frist, in der sich Unternehmen aus der ganzen EU bewerben konnten. Die Bundesregierung, die den „Wasserstoff-Airbus“ für ganz Europa koordiniert, hat großes Interesse seitens der Industrie registriert. Offiziell ist es noch nicht. Doch hinter den Kulissen ist klar: Erste Adressen der deutschen Industrie, Autohersteller wie BMW, Nutzfahrzeugbauer wie Man, Daimler, Iveco sowie Zulieferer und Maschinenbauer sind eingebunden. Spieler aus der ganzen EU sind dabei. Logistiker aus den Niederlanden, Start-ups aus Frankreich. Portugal mit seinem Potenzial für grünen Strom bringt sich als Wasserstofferzeuger ins Spiel. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der die Verkehrsseite des Airbus koordiniert, zieht eine positive Bilanz: „Uns haben viele Rückmeldungen erreicht. Das zeigt: Wir sind mit unserem Ansatz, grenzüberschreitende Projekte der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie anzupacken, auf dem richtigen Weg.“

Während die IPCEIs für Batterie und Mikrochips aufgesetzt wurden, um den Vorsprung Asiens wieder wett zu machen, soll Europa bei Wasserstoff und Brennstoffzelle noch Technologieführer sein. Noch. Hyundai in Korea, Toyota in Japan und vor allem Chinas Unternehmen sind sehr aktiv. Schon bald können dort Zehntausende Brennstoffzellen-Stacks im Jahr produziert werden. Europa muss sich ranhalten.

Anspruch ist, die gesamte Wertschöpfungskette zu entwickeln. Es geht um alles – die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff, die Herstellung von Brennstoffzellen-Systemen für Frachtschiffe, Züge, Lkws und Pkws in hohen Stück­zahlen sowie um den Aufbau eines Tankstellennetzes. Die Unternehmen müssen sich finanziell in erheblichem Maße einbringen. Mindestens müssen sie Investitionen von zehn Millionen Euro leisten.

Besonders hoch ist der Leidensdruck gerade bei Nutzfahrzeugherstellern. Die EU-Regulierung sieht vor, dass schwere neue Lastwagen im Jahr 2030 insgesamt 30 Prozent weniger CO2 ausstoßen dürfen als Neufahrzeuge 2019. Anders als im Pkw-Bereich gibt es im Schwerlastfernverkehr noch keine alternativen Antriebe in Serie, aber allenfalls bei Pilotmodellen. Daimler etwa hat angekündigt, Mitte des Jahrzehnts Brennstoffzellentechnologie für Laster serienreif herzustellen. Nach Informationen unserer Zeitung wird sich Daimler am IPCEI beteiligen. Es geht darum, den hochkomplexen Antriebsstrang bei Brennstoffzellen-Fahrzeugen auf Serientauglichkeit zu trimmen. In der Stuttgarter Zentrale würde man am liebsten sofort loslegen. Doch absehbar ist, dass erst 2022 die Förderbescheide verschickt werden und die Industrie loslegen kann. Im Konzern regt sich Unmut: „Der Chinese überholt uns, da können wir nicht jahrelang auf die Genehmigung aus Brüssel warten.“

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