Krebsstrategie der EU-Kommission „Wir wollen eine tabakfreie Generation“

Brüssel · EU-Kommission stellt ihre Strategie für den Kampf gegen Krebs vor. Gesundheitskommissarin Kyriakides glaubt an eine "Krankheit, die überwunden werden kann“.

 Sterbefälle in Deutschland

Sterbefälle in Deutschland

Foto: dpa/Jens Kalaene

Für Millionen EU-Bürger ist die Covid-19-Pandemie eine zusätzliche Belastung. Denn zu den Risiken durch das Coronavirus kommen Ängste, weil Krebs-Behandlungen verschoben werden mussten. „Sie haben einen stillen Kampf geführt: den Kampf gegen Krebs“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu am Mittwoch. Vor diesem Hintergrund hat die Brüsseler EU-Kommission ihre langfristige Strategie „Kampf gegen den Krebs“ vorgestellt.

Welche Ziele will die EU-Kommission erreichen?

Im Jahr 2020 wurde bei 2,3 Millionen Menschen in der Gemeinschaft eine Krebserkrankung diagnostiziert. Weitere 1,3 Millionen verstarben. Dagegen setzte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, die selbst von der Krankheit betroffen war, am Mittwoch ihr Bekenntnis: „Wir wollen, dass Krebs als Krankheit behandelt wird, die überwunden werden kann.“ Dazu sollen in den Bereichen Prävention, Früherkennung, Diagnose und Behandlung sowie Verbesserung der Lebensqualität alle Anstrengungen unternommen werden.

Was heißt das konkret?

Bis 2025 müssen die Mitgliedstaaten ihre Vorsorgekapazitäten ausbauen. 90 Prozent derjenigen, die ein Risiko haben, an Brust-, Gebärmutterhals- oder Darmkrebs zu erkranken, sollen dann zur Früherkennung gehen können. Außerdem will man erreichen, dass bis 2030 rund 90 Prozent der betroffenen Patienten Zugang zu onkologischen Spitzenzentren haben. Im Europawahlkampf 2019 gaben viele Parteien das Versprechen ab, dass in zehn Jahren kein Kind mehr neu an Krebs erkrankt. Das wurde jetzt aber nicht wiederholt.

Wie will man vorgehen?

Zunächst sollen alle Risikofaktoren angegangen werden. Bis zum Jahr 2040 will die EU den Anteil derer, die rauchen auf unter fünf Prozent senken, den schädlichen Alkoholkonsum bekämpfen, sowie die Gefahr, durch Luftverschmutzung an Krebs zu erkranken, verringern. „Wir wollen eine tabakfreie Generation“, heißt es in den Papieren, die gestern vorgestellt wurden. Die Wissenschaft hat sich zum Ziel gesetzt, mittelfristig individuelle Arzneimittel anbieten zu können, die auf jeden Risikopatienten zugeschnitten sind.

Wie soll das alles parallel zur Pandemie-Bekämpfung laufen?

Tatsächlich könnte die Coronavirus-Krise sogar hilfreich sein. Die mRNA-Technologie, die zum Beispiel von Biontech/Pfizer und Moderna zur Herstellung von Impfstoffen genutzt wird, war eigentlich zum Einsatz gegen den Krebs gedacht. Die Erfahrungen, die man nun mit diesen Medikamenten im Einsatz gegen Covid-19 macht, sind wichtig, um neue Medikamente zur Behandlung von Karzinom-Patienten zu entwickeln.

Was kostet das und woher kommt das Geld?

Die Europäische Union hat sich ein neues Programm „EU4Health“ gegeben. Aus diesem Topf sowie der Forschungsförderung sollen rund vier Milliarden Euro bereitgestellt werden. Zusätzlich macht die Kommission die Kommunen, Regionen und die Landesebenen darauf aufmerksam, dass auch die Mittel zur Regionalförderung sowie die Gelder aus dem Wiederaufbau genutzt werden können, um die Versorgung der Bürger mit Vorsorge- und Behandlungszentren sicherzustellen.

In der Pandemie mussten viele Krankenhäuser Krebs-Untersuchungen und sogar Operationen verschieben, weil alle Kräfte für die Versorgung von Covid-19-Patienten gebraucht wurden. Wird das jetzt anders?

Auch die EU-Kommission weiß, dass viele Kliniken gerade an ihrer Belastungsgrenze arbeiten. Aber sie sieht darin einen wichtigen Grund, um neue Angebote und Kapazitäten für die Früherkennung und die Behandlung sowie die Rehabilitation zu schaffen. Man wisse nicht, wie lange die Bedrohung durch das Coronavirus und seine Mutanten noch Kräfte binde, hieß es dazu gestern bei der Vorstellung der Krebsstrategie. Es sei aber nicht akzeptabel, die dringende Behandlung von Krebspatienten deshalb ständig aufzuschieben.

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