Demokraten sind unzufrieden mit US-Präsidenten Innerparteilicher Druck auf Biden in der Nahost-Frage

Washington · Prominente Demokraten fordern vom US-Präsidenten mehr Einsatz für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.

 Für seine Rolle im Nahost-Konflikt erntet US-Präsident Joe Biden Kritik aus seiner eigenen Partei.

Für seine Rolle im Nahost-Konflikt erntet US-Präsident Joe Biden Kritik aus seiner eigenen Partei.

Foto: dpa/Evan Vucci

Eine Zeit lang sah es so aus, als gäbe es bei den US-Demokraten keine Differenzen mehr, jedenfalls keine nennenswerten. Seit dem Amtsantritt Joe Bidens, mit seiner Biografie ein klassischer Vertreter der Mitte, hörte man vom linken Flügel nur noch Applaus für den Präsidenten, während sich Kritik auf Nebensächliches beschränkte. Das war umso bemerkenswerter, hatte doch Alexandria Ocasio-Cortez, die Lichtgestalt der jungen Linken, einmal angemerkt, sie kenne kein anderes Land, in dem Biden und sie in derselben Partei wären. Mit der Krise im Nahen Osten ist das Kapitel schönster Harmonie fürs Erste beendet.

Angeführt von den Progressiven, verstärken prominente Demokraten den Druck auf Biden, dessen Einsatz für eine Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas viele als halbherzig empfinden. 28 Senatoren verlangten in einem so knappen wie klaren Statement einen sofortigen Stopp der bewaffneten Auseinandersetzungen, damit nicht noch mehr unschuldige Zivilisten für den Konflikt mit ihrem Leben bezahlen müssten. Initiiert wurde der Vorstoß von Jon Ossoff, einem 34-jährigen Senkrechtstarter aus Georgia, in dem gerade jüdische Amerikaner seiner Generation einen Hoffnungsträger mit großer Zukunft sehen.

Es lag wohl auch an der Mahnung aus den eigenen Reihen, dass Biden am Montagabend während eines Telefonats mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu deutlichere Worte fand als zuvor. Der Präsident, teilte das Weiße Haus hinterher mit, habe seiner Unterstützung für einen Waffenstillstand Ausdruck gegeben. Biden, so interpretiert Dennis Ross, ein altgedienter Nahostvermittler, die Erklärung, habe Netanjahu auf subtile Weise zu verstehen gegeben: „Ok, ihr habt getan, was ihr tun musstet, jetzt ist es an der Zeit, einen Weg aus der Krise zu finden“.

Etlichen Parteifreunden des Staatschefs geht das nicht weit genug. Biden hätte Fristen setzen, er hätte eine Waffenruhe einfordern müssen, statt sie nur zu unterstützen, bemängeln sie. Im UN-Sicherheitsrat verhinderten die USA am Montag zum dritten Mal in Folge eine Resolution, die zur Deeskalation aufgerufen hätte. Auch daran hat sich Streit entzündet, zumal die konstruktive Mitarbeit in multilateralen Institutionen gewissermaßen zur DNA der Demokraten gehört. Solidarität mit Israel ist auch für sie festes Prinzip. Amerikanische Juden geben ihnen Experten zufolge zu um die 70 Prozent den Vorzug vor den Republikanern. Die Sympathien für Israel ändern indes nichts an der Kritik, die mit jedem Tag, an dem der Schlagabtausch im Nahen Osten andauert, heftiger wird.

Niemand behaupte, dass Israel nicht das Recht habe, sich zu verteidigen oder sein Volk zu schützen, schrieb Senator Bernie Sanders, dessen Vater, ein aus Polen ausgewanderter Jude, fast alle seine Verwandten im Holocaust verlor. „Warum werden diese Worte dann Jahr für Jahr wiederholt? Und wieso wird so gut wie nie die Frage gestellt: Was sind die Rechte des palästinensischen Volkes?“ Die Vereinigten Staaten dürften nicht alles entschuldigen, was die rechtsgerichtete Regierung Netanjahus tue. „Wir müssen den Kurs ändern und einen ausgewogeneren Ansatz verfolgen“.

Wenn Biden einem Alliierten nicht die Stirn biete, frage sie sich, wem er überhaupt die Stirn bieten könne, wirft Ocasio-Cortez polemisch in die Debatte. „Apartheidstaaten sind keine Demokratien“, hatte sie, auf Israel gemünzt, am Wochenende getwittert. Eine Provokation, die ihr prompt entschiedenen Widerspruch eintrug, auch aus der eigenen Partei. Müsste er sich zwischen einer Terrororganisation wie der Hamas und einer verbündeten Demokratie entscheiden, bräuchte er nicht lange zu überlegen, konterte Ted Deutch, ein Kongressabgeordneter aus Florida. „Ich stehe hinter Israel.“

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