Einschätzung der US-Geheimdienste Was ein langer Ukraine-Krieg bedeutet

Analyse | Düsseldorf. · Die Solidarität des Westens mit dem geschundenen Land könnte bei einem länger dauernden Krieg deutlich nachlassen. Das eröffnet dem Aggressor Putin neue Chancen. Aber es gibt auch Alternativen.

  Menschen fahren in der Nähe der Frontlinie be Borodjanka auf Fahrrädern an einem Wohnhaus vorbei, das während der Kämpfe zwischen ukrainischen und russischen Truppen zerstört wurde.

Menschen fahren in der Nähe der Frontlinie be Borodjanka auf Fahrrädern an einem Wohnhaus vorbei, das während der Kämpfe zwischen ukrainischen und russischen Truppen zerstört wurde.

Foto: dpa/Vadim Ghirda

Die Aussichten für den Ukraine-Krieg, die US-Geheimdienstchefin Avril Haines vor dem Senat ausgebreitet hat, sind alles andere als beruhigend. Die Koordinatorin der amerikanischen Spionage-Einheiten erwartet einen langen Krieg, weil Kremlchef Wladimir Putin sein Ziel der vollständigen Eroberung der Ukraine noch längst nicht aufgegeben hätte. Die Verlagerung der Truppen auf den Donbass sei nur vorübergehender Natur, vermutet Haines. Die Einschätzung der obersten US-Nachrichtenbeschafferin wird inzwischen auch offiziell bestätigt. Nach Einschätzung des britischen Premierministers Boris Johnson muss sich der Westen auf einen langen Krieg in der Ukraine einstellen. Dies bedeute sicherzustellen, dass „die Ukraine schneller Waffen, Ausrüstung, Munition und Ausbildung erhält als der Eindringling“, schreibt er in einem Gastbeitrag für Londoner „Sunday Times“. „Zeit ist der entscheidende Faktor“, heißt es weiter. „Alles wird davon abhängen, ob die Ukraine ihre Fähigkeit, ihr Territorium zu verteidigen, schneller stärken kann, als Russland seine Angriffsfähigkeit erneuern kann.“ Ähnlich äußert sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in der „Bild am Sonntag“ zum Krieg: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass er Jahre dauern könnte.“ Für die pessimistische Haltung spricht, dass sich beide Seiten in nächster Zukunft Gebietsgewinne durch bewaffnete Auseinandersetzungen erhoffen. Zu Verhandlungen sind sie deshalb wenig bereit.