Einigung in Brüssel Das EU-Impfzertifikat steht – trotzdem droht ein Flickenteppich

Brüssel · Es ist der Traum vieler EU-Bürger für diesen Sommer: Bei der Einreise nach Mallorca, Griechenland oder Schweden reicht es, das Handy kurz an ein Scan-Gerät zu halten. Die Anzeige springt auf Grün und der unbeschwerte Urlaub trotz Corona-Zeiten kann dank des „grünen Zertifikates“ der Gemeinschaft beginnen.

Das lange Ringen um das EU-Impfzertifikat geht weiter
Foto: dpa/Matthias Balk

Doch so einfach wird das nicht. Am Donnerstag haben sich die Unterhändler von Europäischer Kommission, EU-Parlament und Mitgliedstaaten zwar auf einen Freibrief geeinigt, den Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete erhalten sollen – grundsätzlich. Allerdings bleibt es bei der Hoheit jedes einzelnen Mitgliedslandes, neue Beschränkungen für alle einzuführen. Zusätzliche Tests können notwendig werden, außerdem dürfen die unterschiedlichen Bedingungen für eine Einreise wie PCR-Test oder Quarantäne vorerst bleiben – zumindest bis zur flächendeckenden Einführung des Impfzertifikates.

Es ist ein Kompromiss mit so viel Spielraum, dass nun ein europäischer Flickenteppich droht. Vor allem bei einer der wichtigsten Fragen: Wann wird das Impfzertifikat eingeführt? Der offizielle Start wurde auf den 1. Juli festgelegt. Aber die EU-Staaten bestanden auf einer Übergangsperiode, die wohl auch Deutschland beanspruchen will. Wie lange? Das ist offen. Ein gemeinsamer Stichtag ist jedenfalls nicht in Sicht.

Sprecher der EU-Kommission sowie ein Vertreter von T-Systems, das mit SAP das Datennetz aufbaut, meldeten am Donnerstag Vollzug bei den Vorarbeiten – auch für Deutschland. Doch genau genommen gibt es keine europäischen Zertifikate, sondern lediglich ein Netz an Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten und einem zentralen Rechenzentrum. Dort werden die von den Ländern erlassenen Kriterien für eine Einreise-Erlaubnis oder -verweigerung hinterlegt. Die Bedingungen formulieren nämlich die Mitgliedstaaten – und das entpuppt sich gerade als ausgesprochen schwierig. So ist bislang unklar, welche Freiheiten durch das Zertifikat zurückkehren. Die EU-Parlamentarier drängen darauf, dass zumindest die Reisefreiheit wieder voll hergestellt werden soll. Das scheint nun sicher. Ob das Zertifikat, das per QR-Code auf mobilen Geräten oder ausgedruckt vorgelegt werden kann, dann auch zum Theater- oder Restaurantbesuch nutzbar ist? Gut möglich, hieß es in Brüssel, dass die Mitgliedstaaten dies unterschiedlich regeln. Das Parlament hatte darüber hinaus gefordert, dass die Tests kostenlos für alle Bürger sein müssen. Dies konnten die Abgeordneten aber nicht durchsetzen. Der CDU-Europapolitiker und Mediziner Peter Liese sagte am Abend: „Ich habe gewisses Verständnis für die Position der Mitgliedstaaten: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Und deswegen können wir dies den Mitgliedstaaten nicht auferlegen. Die Kommission hat sich allerdings bereit erklärt, 100 Millionen Euro für kostenlose Tests zur Verfügung zu stellen.“

Für die Bundesbürger steht allerdings bereits fest, dass das Zertifikat über ihren vollständigen Impfschutz, eine überstandene Covid-19-Infektion oder einen negativen PCR-Test künftig in der Corona-Warn-App angezeigt wird. Der Probebetrieb sei „sehr positiv“ und sicher verlaufen, hieß es am Donnerstag in Brüssel. Was nun noch fehle, seien die politischen und medizinischen Vorgaben, die das Bundesgesundheitsministerium vorlegen müsse, ehe sie für die Ausgabe des QR-Codes hinterlegt werden können. Erst danach sei es möglich, das entsprechende Update zu verteilen und den QR-Code von den Impfzentren sowie den Ärzten ausgeben zu lassen. Wie diejenigen, die bis dahin zwei Impfungen haben oder eine der anderen beiden Voraussetzungen erfüllen, an ihr Zertifikat kommen, steht allerdings noch immer nicht fest.

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