Nach der Krise - neue Regierung Italien ist (erstmal) gerettet
Rom · In Rom kündigt der alte und neue Premier Conte ein „neues Kapitel“ an. Populist Salvini ist gescheitert. Aber riskant bleibt es weiterhin.
Er spielt nicht mehr die erste Geige – und doch ist er überall präsent. Italiens Rechtspopulist und Europaschreck Matteo Salvini hat sich gnadenlos verzockt: Statt Neuwahlen zu bekommen und bei diesen als möglicher Gewinner die ganze Macht an sich zu reißen, wird der bisherige Innenminister nun wohl in der Opposition kaltgestellt.
Denn Italien soll mit einer Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten (PD) wieder nach vorne kommen – nach dem Willen des amtierenden Premiers Giuseppe Conte, den Staatschef Sergio Mattarella am Donnerstag nach Tagen schwieriger Verhandlungen mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hat. Conte kündigte ein „neues Kapitel“ an und eine Regierung, die wirtschaftlichen Aufschwung bringen soll.
Doch selbst wenn Salvini die Macht zumindest vorerst entrissen ist: Der Lega-Chef ist der eigentliche Klebstoff dieser neuen „gelb-roten“ Koalition, die unter starken Geburtswehen im Entstehen ist. Denn die Sterne und die Sozialdemokraten verbindet außer der Abneigung gegenüber Salvini ziemlich wenig. Bisher haben sie sich hauptsächlich bekriegt und gegenseitig beleidigt, weil sie unter anderem in Sachen Europa anders ticken.
„Salvini, der der Hauptdarsteller und vielleicht die größte Gefahr war, ist isoliert und geschlagen“, freute sich hingegen Sozialdemokraten-Chef Nicola Zingaretti. Die „schlimmste Rechte, die wir in der Nachkriegszeit je erlebt haben“, werde nun ausgebremst. Die totgeglaubten Sozialdemokraten, die eine Regionalwahl nach der anderen verloren hatten, sitzen auf einmal wieder am Steuer – eine kleine Sensation in Italien, das aus Koalitionsbruch und Regierungskrise gerettet ist – zumindest vorerst.
Nicht nur aus Deutschland und Brüssel war trotz aller Hindernisse auf dem Weg zu einer neuen Koalition Aufatmen zu hören. In Sachen Schulden- und Migrationspolitik waren die Sterne und die Lega mit der EU extrem aneinandergerasselt. Aber ein Spaziergang wird es trotzdem nicht werden – vor allem mit den irrlichternden Sternen, immerhin stärkste Kraft im Parlament.
Doch Conte will es schaffen. Der Mann mit den stets korrekten dunklen Anzügen hat sich politisch emanzipiert und an Ansehen gewonnen, er scheint nicht länger eine „Marionette“ seiner bisherigen Vize-Premiers, Salvini und Sterne-Chef Luigi Di Maio. Gewonnen habe in der Regierungskrise Conte, schreibt die Zeitung La Repubblica. Nun muss der parteilose Anwalt das Meisterstück vollbringen, eine Mannschaft zusammenzustellen, die gleichzeitig Neues verspricht, aber Altes nicht verdammt.
Salvini wittert derweil Verschwörungen hinter seinem Machtverlust – und will sich wehren. Für den 19. Oktober hat er zur Großdemonstration in Rom aufgerufen. „Ihr werdet mich nicht mit einem kleinen Palastschauspiel los“, sagte er in Richtung der neuen Richtung.